Gesundheitsreform: Transplantationsregister soll Verteilung von Organen verbessern

Berlin - Mehr als 10 000 Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Eine Besserung der Situation ist nicht in Sicht, denn der Skandal um Manipulationen an den Wartelisten hat das Vertrauen der Menschen in das Organspendesystem erschüttert. Deshalb ist die Zahl der Spender  massiv eingebrochen und erholt sich bisher allenfalls schleppend. Nun hat die schwarz-rote Bundesregierung die Einrichtung eines Transplantationsregisters auf den parlamentarischen Weg gebracht. Was soll dieses Gesetz bewirken?

Wie ist die Ausgangslage?

Man könnte glauben, das Leben in Deutschland ist zahlenmäßig bestens erfasst, insbesondere im durchregulierten Gesundheitssystem. Dem ist aber nicht so, wie der Bereich der Transplantation zeigt. So werden zwar an Dutzenden Stellen Daten über Organspender und – empfänger gesammelt - etwa in den Transplantationskliniken, in der Vermittlungsstelle Eurotransplant und bei den Krankenkassen. Aber diese Daten sind nirgendwo miteinander verknüpft, weil die bisherige Rechtslage eine  klare Trennung zwischen Spende (organisiert von der Deutschen Stiftung Organspende – DSO), Verteilung (Eurotransplant) und Transplantation (Kliniken) vorsieht.

Der Weg eines Organs vom Spender zum Empfänger ist also unbekannt. Das hat zur Folge, dass in Deutschland niemand weiß, wie sich zum Beispiel die Qualität eines gespendeten Organs auf die Qualität der Transplantation in einer bestimmten Transplantationsklinik auswirkt.

Wird die Trennung von Spende, Verteilung und Transplantation nun aufgegeben?

Nein. Auch künftig bleibt es dabei, um eine gerechte Verteilung der Organe zu gewährleisten. Die Daten werden zuerst in einer sogenannten Vertrauensstelle anonymisiert und dann in dem Transplantationsregister zusammengeführt. Um den Datenschutz zu gewährleisten, soll die Vertrauensstelle organisatorisch und räumlich vom Register getrennt werden. Die Daten werden zudem nur mit Einwilligung der Betroffenen übermittelt. Derartige nationale Register existieren in Großbritannien und anderen Industriestaaten schon seit Jahren

Was wird durch die Verknüpfung der Daten erreicht?

Erstmals wird so der gesamte Ablauf von der Spende bis hin zum transplantierten Patienten und dessen Gesundheitszustand dokumentiert und damit auswertbar. Erkennbar wird beispielsweise, wie gut eine Transplantationsklinik arbeitet. Stellt sich zum Beispiel heraus, dass in einem Transplantationszentrum viele Patienten schnell versterben, obwohl die Spenderorgane qualitativ gut sind, dann wird das künftig auffallen. Erst auf Grundlage dieser Daten wird man nach Überzeugung von Experten eine fundierte Debatte darüber führen können, welche der bisher 50 Zentren man schließen oder zusammenlegen sollte. Dass es in Deutschland zu viele  Transplantationszentren gibt, darüber ist sich die Fachwelt einig.

Ändert das Register etwas am bestehenden Verteilungssystem von Organen?

Nein. Es bleibt grundsätzlich bei den 1997 vom Gesetzgeber benannten Kriterien Dringlichkeit und Erfolgsaussicht. Die Auswertung der verknüpften Daten könnte aber eine ethische Debatte in Gang setzen, die viele Experten für überfällig halten. Hintergrund: In Deutschland wird durch die Richtlinien der Bundesärztekammer das erste Kriterium stärker beachtet.

Ein Organ wird also grob gesprochen dem zugeteilt, der es am dringendsten braucht und nicht dem, der voraussichtlich am längsten damit lebt. Das wird in der Fachwelt immer wieder kritisiert, unter anderem mit dem Argument, dadurch würden ältere gegenüber jüngeren Menschen bevorzugt. In Großbritannien hat die Erfolgsaussicht dagegen eine größere Bedeutung. Dort muss es eine Überlebenschance von mindestens fünf Jahren geben, damit einer Transplantation zugestimmt wird. Die Daten des Registers könnten dazu führen, dass auch in Deutschland die Erfolgsaussicht stärker in den Mittelpunkt rückt.  

Gibt es Kritik an dem Gesetzentwurf?

Der Spitzenverband der Krankenkassen bemängelt, dass das Gesetz in der jetzigen Form keine Zusammenführung von bereits bestehenden Spender- und Empfängerdaten erlaubt. Daher werde das Register in den nächsten zehn Jahren noch keine relevanten Daten liefern, kritisiert der Verband. Zudem forderte er, dass die Daten verpflichtend und nicht nur freiwillig erhoben werden.

Da die Fallzahlen im Transplantationsbereich extrem klein seien, könnten schon wenige fehlende Daten die Ergebnisse stark verfälschen, so das nachvollziehbare Argument. Es muss nun abgewartet werden, ob die große Koalition diese Punkte  in den anstehenden parlamentarischen Beratungen aufgreift.