Gewalt gegen Blogger in Vietnam: Mutter zündet sich selbst an

Vietnam - Die 64-jährige Mutter von Ta Phong Tan habe sich vor den örtlichen Behörden ihrer Heimatprovinz Bac Lieu angezündet, berichtete ihre Familie am Dienstag. Mutter Thi Kim Lieng erlag ihren schweren Verletzungen. Tochter Ta Phong Tan und zwei weitere Blogger sind wegen Propaganda gegen den Staat angeklagt. Die Schwester von Ta Phong Tan sagte: „Meine Mutter war verzweifelt, wegen der Anklage und wegen eines Streits mit einem Nachbarn um Land. Sie wollte meine Schwester besuchen, aber die Behörden haben es nicht erlaubt.“ Nach Angaben von „Reporter ohne Grenzen“ hatten die Blogger Korruption und Justiz im Internet offen angeprangert. Der Prozess beginnt am 7. August. Den Bloggern drohen 20 Jahre Haft.

Seit 2011 ist Tan gemeinsam mit den Bloggern Phan Thanh Hai und Nguyen Van Hai inhaftiert. Laut der vietnamesischen Justiz haben sie mit ihren Artikeln auf der Internetseite des Clubs freier Journalisten die Wahrheit verfälscht und Partei und Staat beleidigt. In ihren Artikeln ging die ehemalige Polizistin Tan (46) gegen die Staatsicherheit des kommunistischen Landes vor.

Kein Einzelfall

Die Bloggerszene in Vietnam ist sehr aktiv. Um Proteste wie im arabischen Frühling oder demokratische Reformen wie in Birma zu vermeiden, schränkt die vietnamesische Regierung den freien Informationsaustausch im Internet ein und verstärkt den Druck auf regimekritische Internetaktivisten, Journalisten und Blogger. So wie im Fall der Bloggerin Hoang Vi Nguyen: Am 13. Juli griffen Sicherheitsbeamte sie und drei andere Blogger in Ho-Chi-Minh-Stadt an. Die Beamten drängten ihren Wagen von der Straße, zertrümmerten ihre Autoscheiben und attackierten die Insassen.

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Anfang Juli sperrte man die Bloggerin Thuc Vy Huynh mit ihrem Mann ein, verhörte sie und beschlagnahmte Handys und Laptops. Der Grund: Sie hatten an einer Anti-China-Demonstration teilgenommen. Als Folge der Demo drohte man ihr mit einer Anklage, Aktivitäten zum Sturz der Volksregierung veranlasst zu haben. In Vietnam können solche Proteste mit hohen Gefängnisstrafen geahndet werden.

Keine Meinungsfreiheit

Wegen ihres Blogs, in dem sie über Menschenrechtsverletzungen in Vietnam schreibt, musste Thuc Vy Huynh mehrmals hohe Geldstrafen zahlen. Das hält sie aber nicht davon ab, weiter für Meinungsfreiheit zu kämpfen. Auch der Onlinejournalist und Blogger Nguyen Van Hai, der unter dem Pseudonym Dieu Cay (Wasserpfeife) schreibt, sitzt schon seit vier Jahren hinter Gittern. 2008 wurde er wegen angeblicher Steuerhinterziehung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Was all diese regimekritischen Blogger gemeinsam haben: Sie setzen sich für mehr Meinungsfreiheit ein. Und wer einmal in die Mühlen der Justiz geraten ist, kommt nur schwer wieder heraus: Die Regierung kämpft mit allen richterlichen Mitteln gegen die Freilassung dieser Blogger. Selbst nach dem Dieu Cay seine Haftstrafe verbüßte, wurde er nicht aus seiner Haft entlassen.

Neben Iran und China ist Vietnam eines der Länder, das am härtesten gegen Internetaktivisten vorgeht, so Reporter Ohne Grenzen. Was die Pressefreiheit angeht, rangiert Vietnam weltweit auf Platz 172 von 179 Ländern.