Ich kann nicht singen. Konnte ich nie. Dabei hätte ich gern. Ich habe es oft versucht. Aber schon als Kind hatte ich Schwierigkeiten, den Ton zu halten und den richtigen Einsatz zu erwischen. Ich habe nicht aufgegeben. Beim Lagerfeuer – so etwas gab es einmal, liebe Generation YouTube – habe ich meine musikalischen Defizite mit Textsicherheit kompensiert. „We Shall Overcome“, „Guantanamera“, „Sag mir, wo die Blumen sind“, solche Sachen. Auch auf Englisch: „Where Have All The Flowers Gone“. Weniger Bob Dylan, dabei wäre der mit seinen Liedern meiner stimmlichen Unsicherheit sehr entgegengekommen. Aber sieht man einmal von „Blowin’ In The Wind“ ab, waren seine Stücke, von denen ich natürlich viele auswendig konnte, zum Mitsingen nur bedingt geeignet. „Don’t Think Twice“. Bis heute stammen meine ständig zu erneuernden Passwörter aus dem Titelfundus des Literaturnobelpreisträgers von 2016. Hackern wird das nicht weiterhelfen. Zum einen gibt es mehr als 1000 Songs, zum anderen wandele ich sie mit Ziffern und Sonderzeichen ab und verwende die Zeilen eher fragmentarisch und assoziativ. Hinsichtlich meiner Passwortpoesie habe ich mich also nicht allzu weit vom Lagerfeuer entfernt. Waldorfschüler können ihren Namen tanzen, ich kann mein Passwort singen.
Grölen im Netz: Online mitsingen ganz ohne Corona
In Zeiten von Corona geht vom gemeinschaftlichen Singen große Gefahr aus. In dem Chorformat „Sing dela Sing“ kann man den Aerosolen ausweichen.
Das Chorformat „Sing dela Sing“ mit Gunter Papperitz und Cem Süzer fand vor Corona im Spiegelsaal in Clärchens Ballhaus statt und läuft nun digital.Bernd Schönberger