Indien zwingt Bürger als erstes Land zur Corona-App
Indische Regierungsbeamte müssen die Tracing-App bereits verpflichtend nutzen. Nun soll dies auch auf die Angestellten der Privatwirtschaft ausgeweitet werden.
<strong>Neu-Delhi</strong>-Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus will die indische Regierung die Beschäftigten in der Privatwirtschaft zwingen, eine sogenannte Tracing-App herunterzuladen und zu aktivieren, berichtet die Financal Times. Es wäre die erste Regierung weltweit, die die App zur Verfolgung von Infektionsketten zur Pflicht macht. Es gibt jedoch erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken.

Die Aarogya-Setu-App wurde von 80 Millionen Indern bereits heruntergeladen und warnt Benutzer, wenn sie mit einer Person in Kontakt kommen, die mit dem Coronavirus infiziert ist. Die App verwendet GPS-Standortdaten und Bluetooth zur Kommunikation mit anderen Geräten, die sich in der Nähe befinden.
„Die Nutzung der Aarogya-Setu-App sollte für alle privaten und öffentlichen Mitarbeiter obligatorisch sein“, sagte das Innenministerium in einer Erklärung. „Es liegt in der Verantwortung des Leiters der jeweiligen Organisationen, dass die App von allen seinen Mitarbeitern genutzt wird.“
Indien versucht mit großer Entschlossenheit, die Pandemie einzudämmen. Die Regierung hat gerade die Ausgangssperre für 1,3 Milliarden Bürger bis Mitte Mai verlängert. Die ursprünglich bis Ende der Woche befristete Maßnahme gelte grundsätzlich für mindestens zwei weitere Wochen, kündigte die Regierung am Freitag an. Ausnahmen von der allgemeinen Ausgangssperre gelten nur in den Regionen, in denen es keine oder nur wenige Corona-Fälle gebe, erklärte das Innenministerium. Dies betrifft vor allem ländliche Gebiete. Flug- und Bahnreisen bleiben damit weitgehend verboten, berichtet dpa. In dem bevölkerungsreichsten Land der Erde herrscht große Besorgnis, dass das vergleichsweise schlecht ausgestattete Gesundheitssystem in Indien bei einer sprunghaften Ausbreitung des Virus schnell überlastet wäre. Das Vorhaben, die App zur Pflicht zu machen, zählt daher zu den Maßnahmen, die Ausbreitung des Virus mit allen Mitteln zu stoppen - auch zum Preis der bürgerlichen Freiheiten in Sachen Datenschutz.
Indien hatte bereits das Herunterladen der Aarogya-Setu-App für Regierungsangestellte vorgeschrieben und sie aufgefordert, ihren Status zu überprüfen, bevor sie in die Büros kommen, die nach und nach wiedereröffnet werden.
„Aarogya Setu macht einen gefährlichen Schritt von freiwillig zu obligatorisch, indem Befugnisse eingesetzt werden, die mit strafrechtlichen Sanktionen verbunden sind. Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Ausschluss treten auf“, twitterte die Internet Freedom Foundation, eine Interessenvertretung für Datenschutz.
In Deutschland wird ebenfalls der Einsatz einer Tracing-App diskutiert. Einigkeit herrscht darüber, dass die Nutzung der App freiwillig ist und alle relevanten personenbezogenen Daten auf dem jeweiligen Mobilgerät gespeichert werden und nicht auf einem zentralen Rechner. Das war zunächst der Plan der Regierung gewesen. Nach heftiger Kritik von Datenschützern schwenkte die Regierung an diesem Punkt um. Die App ist noch in der Entwicklung.