Interview erschüttert den Vatikan: Tritt Papst Franziskus zurück?
Im TV-Interview blickt Franziskus auf zehn Jahre Pontifikat zurück. Er spricht über den „dritten Weltkrieg“ und sorgt für Spekulationen über seinen Rücktritt.

Zehn Jahre sind vergangen seit Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus. In einem Interview mit dem Tessiner Fernsehen RSI blickte Franziskus jetzt auf diese Zeit zurück. Er sprach über das Verhältnis zu seinem Vorgänger Benedikt XVI., über den Krieg in der Ukraine; zuletzt spekulierte Jorge Mario Bergoglio, wie das Kirchenoberhaupt mit bürgerlichem Namen heißt, sogar über einen eventuellen Rücktritt.
Dieser würde aber nur im Falle eines „Mangels an Klarheit, um Situationen einschätzen zu können“ oder wegen physischer Probleme infrage kommen, wie Franziskus betonte. „Ich bin alt. Ich habe weniger körperliche Ausdauer, die Knieverletzung war eine körperliche Demütigung, obwohl sie jetzt gut verheilt, ist“, sagte der 86-Jährige. Er habe sich „geschämt“, im Rollstuhl zu den Audienzen erscheinen zu müssen.
Franziskus spricht von der Ukraine und dem „dritten Weltkrieg“
Franziskus erinnerte sich dann an seinen am 31. Dezember 2022 verstorbenen Vorgänger Benedikt, den er als „Mann Gottes“ bezeichnete. „Das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe, war zu Weihnachten. Er konnte fast nicht sprechen. Er sprach leise, leise, leise. Man brauchte einen Übersetzer, um ihn zu verstehen“, meinte Franziskus. Aber er sei klar gewesen und immer auf dem neuesten Stand. „Bei unserer letzten Begegnung wusste ich aber, dass sein Leben kurz vor dem Ende stand.“
Der Pontifex sprach auch über den Krieg in der Ukraine, den er als einen „dritten Weltkrieg“ bezeichnete, den die Menschheit erlebe. „Er begann stückweise, und jetzt kann niemand mehr sagen, dass es nicht ein weltweiter Krieg ist. Die Großmächte sind alle darin verwickelt. Das Schlachtfeld ist die Ukraine. Jeder kämpft dort“, so Franziskus. „Ein Fachmann sagte mir: Wenn ein Jahr lang keine Waffen produziert würden, wäre das Problem des Welthungers gelöst. Es ist ein Markt. Man macht Krieg, verkauft die alten Waffen und probiert die neuen aus“, fügte er mit Blick auf die Waffenindustrie hinzu.
Papst Franziskus wollte mit Putin verhandeln
Franziskus erzählte, dass er sich kurz nach dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine an Wladimir Putin gewandt hatte. „Wenn ich ihn heute treffen würde, würde ich mit ihm so klar sprechen, wie ich es in der Öffentlichkeit tue. Er ist ein gebildeter Mann. Am zweiten Tag nach Beginn des Ukraine-Krieges ging ich zur russischen Botschaft am Heiligen Stuhl, um zu sagen, dass ich bereit sei, nach Moskau zu reisen, solange Putin mir ein Zeitfenster für die Verhandlung gibt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow schrieb mir und bedankte sich, aber jetzt sei es nicht der richtige Zeitpunkt. Putin weiß, dass ich verfügbar bin“, sagte Bergoglio.
Der Papst deutete an, dass nicht nur Russland die Schuld für den Konflikt in der Ukraine trage. „Es gibt dort Interessen, nicht nur des russischen Imperiums, sondern auch von Imperien anderswo“, meinte der 86-Jährige. Er erinnerte auch an andere Kriege, die seit Jahren Völker in Leid und Armut versetzen. „Die Konflikte im Jemen, in Syrien, die armen Rohingya in Myanmar. Wieso dieser Schmerz? Kriege tun weh. Da gibt es kein Geist Gottes. Ich glaube nicht an heilige Kriege.“