Jason Statham: So wurde aus dem Straßenverkäufer ein Hollywood-Star

Er verkaufte auf der Straße Modeschmuck und Billigparfüm und gehörte zu Großbritanniens besten Turmspringern. Dann startete Jason Statham ohne eine einzige Stunde Unterricht eine Karriere als Filmschauspieler und gehört heute nach Filmen wie „The Transporter“ oder „Crank“ zu den beliebtesten Action-Helden der Welt. Ab kommendem Donnerstag ist Statham nun im Kino als unkonventioneller Ermittler in einem Ableger der erfolgreichen „Fast & Furious“-Reihe mit dem Titel „Hobbs & Shaw“ an der Seite von Dwayne Johnson zu sehen.

Mr. Statham, sind jetzt 52 Jahre alt. Denken Sie, ist es wirklich noch eine gute Idee, durch brennende Reifen zu springen?

Nun ja, das erwartet man einfach von mir, dass ich alles gebe. Ich springe ja nicht durch brennende Reifen. Der Großteil der physischen Action, die ich mache, spielt sich in einem relativ sicheren Rahmen ab. Die Filmstudios sind heute sehr nervös, dass wir uns verletzen könnten.

Früher waren sie weniger nervös?

Früher konnte ich vor der Kamera beinahe alles machen. Da wurden die Kameras einfach auf das Auto montiert. Ich bretterte die Croisette an der französischen Riviera herunter, geriet ins Schleudern, drehte mich um die eigene Achse, wobei ich kaum etwas sehen konnte, weil mir die Kameras die Sicht versperrt haben. 99 Prozent der Stunts haben wir Schauspieler selbst gedreht. Aber dann wurden die Produktionen immer teurer. Und wenn auf dem Level etwas schiefgeht, mit einem Budget von mehr als 200 Millionen Dollar, dann darf dürfen sich die zentralen Schauspieler nicht verletzen. Jeder ausgefallene Drehtag kostet richtig viel Geld.

Jason Statham: „Produzenten werden immer weniger abenteuerlustig“

Seitdem dürfen Sie die Autos nicht mehr selbst fahren?

Sagen wir es so, die Produzenten werden immer weniger abenteuerlustig, wenn es um meine Zeit hinter dem Steuer geht.

Wie sieht es mit den Prügeleien aus?

Die sind nie wirklich gefährlich. Klar, du kannst dich verletzen. Aber da reden wir im schlimmsten Fall von gebrochenen oder ausgerenkten Fingern. Es dauert allerdings ewig, bis die wieder verheilt sind.

Wie viele Finger haben Sie sich schon verletzt?

Keine Ahnung, ich habe irgendwann aufgehört zu zählen. Aber der Zustand meiner Hände wird zusehends schlechter. Wenn du einen der Stuntman packst und er bewegt sich in eine falsche Richtung, kannst du dir leicht Sehnen überdehnen oder Gelenke ausrenken. Richtig übel ist es, wenn das zu Beginn der Dreharbeiten passiert. Denn das heilt bis zum Ende nicht wieder aus. Sie schwellen an, du kannst nicht mehr richtig zupacken. Das fühlt sich an, als ob du einen Marathon mit einem Stein im Schuh laufen musst.

Wie bleiben Sie in Form für diesen Marathon?

Ich meditiere über meine Fitness (lacht). Kleiner Scherz. Wissen Sie, ich mache das jetzt schon so lange, ich trainiere nicht mehr nach einem bestimmten Programm, arbeite keine Listen ab. Ich mache das von Tag zu Tag intuitiv. Es kommt darauf an, wie ich mich gerade fühle. Ich habe einen Trainings-Partner mit dem ich Kampfsport trainiere. Ich bin kein Bodybuilder, der Körpermasse aufbauen will. Je älter ich werde, desto wichtiger wird mir vor allen anderen Dingen meine Beweglichkeit. Denn ich werde nun einmal langsamer.

Jason Statham: „Ich würde gerne mehr Filme ohne Action machen“

Wie hat sich Ihre Motivation im Laufe der Jahre verändert?

Als Schauspieler? Ich wollte es auf die große Leinwand schaffen, in Blockbustern zu sehen sein. Das war mein Traum. Und das habe ich geschafft. Aber es ist immer noch ein Teil meiner Motivation. Ich habe aber auch kleinere Filme gemacht, sogar einen Film, der nichts mit Action zu tun hatten. Und das fand ich auch sehr befriedigend. Ich würde gerne mehr solche Filme machen. Denn wenn du Popcorn-Kino machst, ist das auch immer ein Kompromiss. Du opferst einen Teil des künstlerischen Aspekts des Filmemachens zugunsten des Kommerzes. Aber ein Film für 200 Millionen Dollar muss kommerziell sein, weil er sein Geld mit möglichst viel Gewinn einspielen soll. Das ist das Geschäftsmodell. Und damit verdiene ich mein Geld. Beide Arten von Filmen haben ihre Berechtigung. Es wäre einfach schön, wenn ich öfter die Seiten wechseln könnte. Denn mir macht beides Spaß.

Sie sehen eigentlich nicht wie der typische Hollywoodstar aus...
Das haben Sie richtig erkannt.

Trotzdem sind Sie sehr erfolgreich. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Ich habe meinen Erfolg nie analysiert oder warum man mich nach zwanzig Jahren immer noch engagiert. Ich muss nicht wissen, warum das immer noch funktioniert. Aber das Action-Genre, mit dem ich groß geworden bin, ist international unglaublich populär. Und wie sich herausgestellt hat, kann man damit eine solide Basis von Fans aufbauen. Ich war selbst immer ein Fan solcher Filme. Das ich jetzt ein Teil davon bin, die Hauptrollen darin spielen darf, ist großartig. Ich vermute, es hilft sogar, dass ich eben nicht so aussehe wie der typische Hollywood-Filmstar, um in diesem Genre erfolgreich zu sein. Stellen Sie sich mal Leonardo DiCaprio in dem Film wie „Crank“ vor. Wie würde das aussehen?

Jason Statham: „Ich bin sehr glücklich mit meiner Karriere“

Das ist schwer vorstellbar.

Genau. Es würde wahrscheinlich nicht funktionieren. Er hat eben andere Qualitäten. Ich bin sehr glücklich mit meiner Karriere. Und ich bin auch nicht neidisch auf die Kollegen, weil man mich nicht für einen Oscar nominiert. Wir machen Filme, die den Fans offenbar wirklich gefallen. Das erzählen sie mir jedenfalls immer wieder, wenn ich sie treffe. Was will ich mehr?

Im Gegensatz zu Ihnen haben andere Ihren Erfolg analysiert. Es existiert eine wissenschaftliche Arbeit über Ihren Einfluss auf den Action-Film. Kennen Sie den Inhalt?

Nein. Haben Sie ein Exemplar dabei? Der Text passt wahrscheinlich auf eine Briefmarke (lacht). Ernsthaft? Existiert diese Arbeit wirklich? Ich hatte einmal gehört, dass an einer britischen Universität daran gearbeitet wird. Aber ich wusste nicht, dass sie wirklich geschrieben worden ist. Wie soll man das analysieren? Die Geschmäcker sind so verschieden. Der eine mag Fisch, der andere Fleisch. Und einige Filmfans stehen offenbar auf Glatzköpfe, die ihren Teil der Dialoge zusammenhangslos vortragen. Das war mein Erfolgsrezept (lacht).

Das Gespräch führte Christian Aust.