Jusos auf den Barrikaden: Der „ehrenlosen CDU“ wird der Kampf angesagt

Die Berliner Jusos sind wütend. Eine Koalition mit der CDU kommt für sie nicht infrage. Das zeigt sich auf der Landesdelegiertenkonferenz. Sie sagen: „Berlin geht nur mit links“.

Die Landesvorsitzenden Sinem Taşan-Funke (l.) und Peter Maaß sprechen auf der Landesdelegiertenkonferenz in Berlin.
Die Landesvorsitzenden Sinem Taşan-Funke (l.) und Peter Maaß sprechen auf der Landesdelegiertenkonferenz in Berlin.Fabian Sommer/dpa

„Heute können wir uns endlich mal auskotzen.“ Schon im Fahrstuhl des Willy-Brandt-Hauses wird deutlich, dass die Stimmung bei den Berliner Jusos, der Jugendorganisation der SPD, angespannt ist. Die Koalitionsgespräche mit der CDU und die Aussicht auf eine schwarz-rote Regierungskoalition wollen die Jusos nicht hinnehmen.

Diese und weitere Fragen wurden heute bei der Landesdelegiertenkonferenz der Jusos hitzig diskutiert. Die Stimmung ist teils so aggressiv, dass einer der Konferenzleiter die Redner darum bitten muss, nicht ausfällig zu werden. Der Hass auf Kai Wegner, Franziska Giffey und die CDU ist mit Händen zu greifen.

Delegierte der Juso-Kreisverbände verabschieden heute ein umfangreiches Paket an Anträgen. Doch ein Thema und ein Antrag stehen im Zentrum der heutigen Konferenz: Ein Initiativantrag des Juso-Landesvorstands mit dem Titel „NoGroKo – Berlin geht nur mit links“.

Mit einer Kampagne soll die Koalition verhindert werden

In diesem ist unter anderem die Rede davon, dass „Kai der falsche Vorname für das Rote Rathaus“ ist. Für das Amt des Bürgermeisters sei er „völlig ungeeignet“. Weiter heißt es: „Wir haben Angst um nichts Geringeres als die Zukunft der SPD Berlin“. Doch bevor der Antrag zur Abstimmung gestellt wird, begrüßt Peter Maaß, einer der beiden Juso-Landesvorsitzenden, die Anwesenden. Er kommt gleich zum Punkt: „Es ist nicht ganz einfach zurzeit. Wir haben uns das alle ein bisschen anders vorgestellt.“ Kurz ist es still im Saal, dann setzt Maaß fort und spricht über die „ehrenlose CDU“. Die Anwesenden applaudieren, klopfen auf die großen Holztische, die vor ihnen stehen.

Juso-Vorsitzende Sinem Taşan-Funke übernimmt das Wort und kündigt sogleich die „größte Kampagne, die die SPD Berlin jemals gesehen hat“ an. In wenigen Stunden soll diese Kampagne auf der Website der Berliner Jusos online gehen. Argumentationshilfen sollen zur Verfügung gestellt und Veranstaltungstermine veröffentlicht werden. Das Ziel: eine Koalition mit der CDU verhindern.

„Wir wollen uns mit allen Personen vernetzen, die das alles genau so scheiße finden wie wir“, sagt sie. Sollte die SPD zukünftig mit der CDU in Berlin regieren, dann wäre das laut Taşan-Funke „eine Koalition mit Reaktionären“. Die Vorsitzende schließt ihre Rede mit den Worten: „Wir werden heute starten und erst ruhen, wenn wir diese Koalition verhindert haben.“

Zwischen SPD und Grünen gab es erhebliche Differenzen

Die Stimmung ist bereits aufgeheizt, obwohl die eigentliche Diskussion noch gar nicht angefangen hat. Als die geladenen Gäste, Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe und der Berliner Wirtschafts-Staatssekretär Michael Biel, die Bühne betreten, schlagen sie einen versöhnlichen Ton an. Cansel Kiziltepe sagt, dass nach den Wahlergebnissen klar gewesen sei, dass es kein „Weiter so“ mehr geben kann. Die Berliner hätten bei der vergangenen Wahl deutlich gezeigt, dass sie sich eine politische Veränderung für Berlin wünschen. Sie betont, dass sie die Position der anwesenden Jusos nachvollziehen kann. Dennoch müssen die Standfestigkeit einer rot-grün-roten Koalition neutral betrachtet und Optionen nicht ausgeschlossen werden.

Michael Biel begleitete die Sondierungsgespräche der letzten Wochen und machte den Jusos deutlich, dass es große Differenzen mit den bestehenden Koalitionspartnern gab. „Es ist klar geworden, dass es schwer wird, mit dem aktuellen Bündnis“, sagt Michael Biel. In Klima-, Mobilitäts- und Energiefragen sei die SPD mit den Grünen „einfach nicht zusammengekommen“. Einzelne Themen müsse man mit der CDU jedoch noch abschließend klären, beispielsweise den Umgang mit dem Ausbau der A100 und die Bebauung des Tempelhofer Feldes. Abschließend sieht Michael Biel mit festem Blick in den Saal und sagt: „Meine herzliche Bitte: Lasst uns gemeinsam diesen Weg beschreiten.“

Die CDU: eine antifeministische „Männertruppe“

Überzeugt das die Jusos? Ganz und gar nicht. Die Delegierten halten kurze Reden, alle von ihnen sind wütend. Gina ist die erste Rednerin. Sie ist Feministin und sagt: „Ihr wollt mit dieser antifeministischen Partei gemeinsame Sache machen?“ Ihr Stimme wird laut, wenn sie über Gleichstellung und die Rolle der Frau in der CDU spricht. Fast jeder ihrer Sätze wird durch den Applaus der Jusos unterbrochen. Sie schließt mit den Worten: „Mit dieser Männertruppe kann man doch gar keine feministischen Themen voranbringen.“

Johannes ist als Nächstes an der Reihe. Ihm geht es weniger um Feminismus und mehr um die Progressivität der Koalitionen. „Am Ende tragen wir Ehrenamtlichen diese Partei und es ist nur fair, wenn unsere Stimmen gehört werden.“ Seine Forderung: Der Landesparteitag muss vorgezogen werden und das so schnell wie möglich. Die folgenden Redner greifen die bisherigen Themen auf, lassen kein gutes Haar an der CDU. Die Partei sei konservativ, rassistisch und frauenfeindlich.

Die Jusos fordern personelle Konsequenzen

Eine Rednerin spricht davon, dass das Narrativ der CDU „verdammt nah an der AfD sei“. Rechte Politik müsse verhindert und linke Politik umgesetzt werden. Das Aufgeben des Roten Rathauses als eine Entscheidung darzustellen, die für die Berliner getroffen wurde, sei kein ernst zu nehmendes Argument. Immer wieder sprechen die Juso-Redner über den harten Wahlkampf, der bei Wind und Wetter mit vollem Herzen geführt wurde. Das Wahlergebnis sei enttäuschend genug gewesen. Aber dass die SPD sich nun in die Rolle der Junior-Partnerin begibt, sei die eigentliche Enttäuschung.

Die Tatsache, dass weder Franziska Giffey noch die SPD-Landesvorsitzenden heute persönlich erschienen sind, wird innerhalb der Reden immer wieder aufgegriffen. Die Rede ist auch von personellen Konsequenzen. Ein möglicher Rücktritt von Franziska Giffey wird jedoch in keinem Satz erwähnt. Die Jusos scheinen diesen Schritt nicht in Erwägung zu ziehen, da Franziska Giffey weiterhin Regierende Bürgermeisterin hätte bleiben können. Der Erzählung, dass „Giffey als Bürgermeisterin abgewählt wurde“, stimmen die Jusos nicht zu. Eine Rot-Grün-Rote Koalition ist ihrer Meinung nach weiterhin umsetzbar. 

Der Antrag wird trotz Enthaltungen angenommen

Nach mehr als drei Stunden wird der Antrag „NoGroKo – Berlin geht nur mit links“ final zur Abstimmung gestellt. Abgesehen von einzelnen wenigen Enthaltungen wird der Antrag angenommen. Im Saal bricht Applaus aus. Anschließend lassen sich einige Jusos mit Plakaten und Bannern ablichten, die die NoGroKo-Kampagne begleiten. Auf den Plakaten steht: „Soziales Berlin statt Schwarz-Rot“ und „Nein zur Rückschritts-Koalition.“

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