Kämpfe in Syrien: Prüft die Bundeswehr Einsätze gegen Assad?
Berlin - Konkret werden wollte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag nicht. Er bestätigte zwar in allgemeiner Form, dass es Kontakte mit „Verbündeten und Partnern“ zum Thema Syrien gegeben habe: „Die Situation in Syrien, die Situation in Idlib im Speziellen, ist ja so, dass man wirklich große Sorgen haben muss, dass sich dort entsetzliche Muster aus anderen syrischen Kampfschauplätzen wiederholen könnten, und dass hunderttausende Menschen in höchster Gefahr sind.“ Doch Inhalte, wie etwa konkrete Planspiele für eine deutsche Beteiligung an Vergeltungsschlägen gegen das Assad-Regime, wollte Seibert nicht preisgeben.
Den Nachfragen der Journalisten vorausgegangen war ein Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach die Bundesregierung in den vergangenen Wochen eine militärische Intervention in Syrien prüfe, sollte Machthaber Baschar al-Assad erneut einen Giftgasanschlag gegen die eigene Bevölkerung verüben. Demnach seien auf Initiative des US-amerikanischen Bündnispartners hochrangig besetzte Gespräche im Verteidigungsministerium geführt worden, an denen auch militärische Vertreter der USA beteiligt gewesen sein sollen. Neben Aufklärungsflügen und Schadensanalysen schließe man in dem von Ursula von der Leyen (CDU) geführten Ministerium nun nicht mehr per se aus, mit Bundeswehr-Tornados auch Einrichtungen der syrischen Regierungsarmee anzugreifen – im akuten Ernstfall notfalls auch ohne vorigen Bundestagsbeschluss, berichtete das Blatt.
Der Sprecher der Bundeskanzlerin sicherte demgegenüber am Montag zu, dass jeder Einsatz der Bundeswehr im Einklang mit dem sogenannten Parlamentsbeteiligungsgesetz stehen müsse. Das muss allerdings nicht in jedem Fall bedeuten, dass sich die Bundesregierung tatsächlich vor einem Einsatz die Genehmigung des Bundestags einholen muss. Das kann auch nachträglich geschehen, wenn etwa Gefahr im Verzug ist.
Westen fürchtet Großoffensive auf Rebellenprovinz Idlib
Der Westen fürchtet derzeit, dass Assad und sein Bündnispartner Russland eine Großoffensive auf die Rebellenprovinz Idlib starten. Die Region im Nordwesten des Landes gilt als letzte Rebellenhochburg, die von teils islamistischen Regime-Gegnern kontrolliert wird. In der Region leben nach UN-Angaben 2,9 Millionen Zivilisten, darunter 1,4 Millionen Vertriebene aus anderen Landesteilen. Die Vereinten Nationen appellierten bereits an die syrische Regierung, ein „Blutbad“ zu vermeiden.
Laut Aktivisten flogen syrische Regierungstruppen und russische Streitkräfte am Wochenende bereits schwere Luftangriffe auf Idlib. Am Montag beschoss die syrische Armee erneut Ziele der Rebellenhochburg. Sechs Menschen seien verletzt worden, als Granaten neben einer Schule nahe des Ortes Dschardschanas einschlugen.
Deutschland steht in der Syrien-Frage auf Seiten Frankreichs, Großbritanniens, Jordaniens, Saudi-Arabiens und der USA, die sich gegenüber den Bündnispartnern Syrien, Russland und dem Iran zur so genannten „Small Group“ formiert haben. Bislang beteiligt sich die Bundeswehr mit Tornado-Aufklärungsjets und Tankflugzeugen der Luftwaffe am internationalen Einsatz gegen den so genannten Islamischen Staat in Syrien und im Irak. Im Frühjahr unterstützte Deutschland das militärische Eingreifen der USA, Frankreichs und Großbritanniens nach einem mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien lediglich politisch. Angela Merkel lehnte „militärische Aktionen“ allerdings ab.
Das Thema könnte sich nun zu einem Streitfall innerhalb der großen Koalition auswachsen. „Die SPD wird weder in der Regierung noch im Parlament einer Beteiligung Deutschlands zustimmen“, so SPD-Chefin Andrea Nahles. Es gehe vielmehr um Unterstützung für Außenminister Heiko Maas „bei seinen Bemühungen, im Gespräch mit unter anderem der Türkei und Russland, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern“.