Kindertagesstätten: Eltern wünschen sich einheitliche Standards in Kitas in Deutschland
Berlin - Eltern wünschen sich bundesweite Qualitätsstandards für Kindertageseinrichtungen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue repräsentative Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am Mittwoch veröffentlich wurde. Personal, Ausbildung der Kita-Fachkräfte und die Essenversorgung sollen danach einheitlich geregelt werden. Für eine bessere Qualität der Kindertageseinrichtungen wäre die Hälfte der Eltern auch bereit mehr zu zahlen. „Eltern möchten für ihre Kinder überall die gleichen guten Bildungschancen, unabhängig vom Wohnort“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung.
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Eltern einheitliche pädagogische Konzepte für die Kindertagesstätten fordern: So 78 Prozent erwarten zwar ein verbindliches Konzept für die pädagogische Praxis, diese soll jedoch individuell auf die Bedürfnisse der Kinder und Familien zugeschnitten sein.
86 Prozent der Eltern wollen, dass es einheitlich geregelt ist, wie viele Kinder ein Erzieher betreut. Bisher gibt es in den Bundesländern erhebliche Unterschiede. Nach den Empfehlungen der Bertelsmann-Stiftung sollte sich eine Fachkraft um höchstens drei unter Dreijährige oder 7,5 Kindergartenkinder kümmern. Durchschnittlich lag der Schlüssel am 1. März 2015 bei 4,3 beziehungsweise 9,3 für Kindergartenkinder. Nur in Bremen und Baden-Württemberg gibt es bisher einen kindgerechten Personalschlüssel. Nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung fehlen in Deutschland 107.000 zusätzliche Fachkräfte.
Kits, Schulen Unis
„Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig Eltern eine gute Betreuung ihrer Kinder ist. Das bestärkt mich in meinen Bemühungen, gemeinsam mit den Ländern die Qualität in der Kindertagesbetreuung zu verbessern“, sagte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD). Bei der Bund-Länder-Konferenz im November sei man da ein ganzes Stück vorangekommen. Denn Kitas seien genauso wichtig wie Schulen und Unis, erklärte Schwesig weiter.
85 Prozent der befragten Eltern gaben an, dass sie sich eine einheitliche Ausbildung für die Pädagogen wünschten. Zwar haben sich die Bundesländer auf ein gemeinsames Qualifikationsprofil für Erzieher geeinigt, aber einen einheitlichen Lehrplan gibt es nicht. 90 Prozent der Studienteilnehmer wollen, dass ihre Kinder überall nach gleichen Ernährungsstandards verpflegt werden. Denn immer mehr Kinder essen in der Kita zu Mittag - bundesweit mehr als 1,8 Millionen. Diesen Standard erfüllt aber bisher nur jede dritte Kita. So reichen beispielsweise 88 Prozent der Kitas den Kindern zu wenig Obst, in 81 Prozent der Kitas gibt es zu wenig Salat oder Rohkost.
Problem: Öffnungszeiten
Vor allem hapert es auch bei den Öffnungszeiten und der Anzahl der Kitas. Dreiviertel der Eltern bemängeln, dass es zu wenig Betreuungsplätze gibt, vor allem für unter Dreijährige. 63 Prozent sind der Meinung, dass sich die Öffnungszeiten nicht am Bedarf der Eltern orientierten.
81 Prozent der Väter und Mütter zahlen Gebühren für die Betreuung ihres Kita-Kindes. Die Hälfte findet den Betrag angemessen, 40 Prozent würden aber mehr ausgeben, wenn ihnen damit eine bessere Qualität gewährleistet würde.
Dräger empfiehlt, in Deutschland langfristig kostenfreie Kitas anzustreben, betont aber zugleich: Solange der Qualitätsausbau noch in vollem Gange ist, könne auf die finanzielle Beteiligung der Eltern nur schwer verzichtet werden. Derzeit variieren die Kosten für eine Kita zwischen null und 600 Euro, je nach Kommune.
Seit dem 1. August 2013 hat jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Und das wird genutzt: Jedes dritte Kind unter drei Jahren in wird inzwischen in einer Kita betreut. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, wurden in den vergangenen zehn Jahren rund 400.000 zusätzliche Kitaplätze geschaffen. Doch 44 Prozent der Mütter und Väter wünschen sich einen Platz in einer Kita für ihr Kind – es mangelt also immer noch an Plätzen. Vor allem in den Städten sind die Plätze beschränkt.
Mehr Geld für den Kitaausbau
Die Bundesregierung plant daher ein viertes Investitionsprogramm, das den Ländern bis 2020 mehr als 1,1 Milliarden Euro für den weiteren Ausbau von Kitaplätzen zur Verfügung stellen soll. In dieser Legislaturperiode hatte der Bund den Ausbau mit 550 Millionen Euro unterstützt.
„Die Elternbefragung bestätigt, dass zwischen Wunsch und Wirklichkeit weiterhin eine große Lücke klafft. Auch wenn der Ausbau in den letzten Jahren voran geschritten ist: Richtersprüche, Zwischenberichte und Ankündigungen in Sachen Qualität reichen nicht aus. Es müssen endlich konkrete gesetzliche Regelungen getroffen werden“, sagte Franziska Brantner, Sprecherin der Grünen für Kinder- und Familienpolitik.