Klimaschutzgesetz: Plötzlich drückt die Regierung auf die Tube

Die Bundesregierung will beim Klimaschutzgesetz zügig nachbessern. Kritiker werfen vor allem der Union Heuchelei vor.

Fridays-for-Future-Aktivisten demonstrieren Ende April vor dem Berliner Reichstag für mehr Klimaschutz.
Fridays-for-Future-Aktivisten demonstrieren Ende April vor dem Berliner Reichstag für mehr Klimaschutz.imago

Berlin-Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgesetzes will die Bundesregierung das Klimaschutzgesetz möglichst schnell nachbessern. Es werde noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzesvorschlag geben, um die Kernpunkte des Urteils umzusetzen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag. In der kommenden Woche soll darüber in der Bundesregierung beraten werden.

Die Karlsruher Richter hatten am Donnerstag entschieden, dass das 2019 verabschiedete Klimaschutzgesetz die Freiheitsrechte jüngerer Generationen nicht ausreichend schützt. Das Urteil hatten vor allem jüngere Klimaschützer erstritten. Das Gesetz legt für die Jahre bis 2030 für einzelne Bereiche wie Verkehr oder Landwirtschaft fest, wie viel Treibhausgase sie ausstoßen dürfen. Das Urteil verlangt aber auch für die Zeit nach 2030 genauere Reduktionsziele. Der Gesetzgeber hat dafür bis Ende 2022 Zeit.

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Bundesumweltministerin Svenja Schulze hatte bereits am Donnerstag angekündigt, bald einen Gesetzentwurf vorlegen zu wollen. Die SPD-Politikerin hatte schon für das derzeit geltende Gesetz konkretere Maßnahmen für die Zeit nach 2030 gefordert, sich aber seinerzeit gegen den Koalitionspartner nicht durchsetzen können.

Regierungssprecher nennt Urteil „wegweisend“

Seibert nannte das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes am Freitag „wegweisend“. Er unterstrich: „Das Urteil ist ein großer Erfolg: Für die jungen Menschen, die geklagt haben, aber auch für die nachfolgenden Generationen.“ Die Bundesregierung sei mit dem Urteil aufgefordert, die Gesamtstrecke bis zur Erreichung der Klimaneutralität 2050 genau in den Blick zu nehmen. „Da werden grundlegende Veränderungen notwendig sein – in der Art und Weise wie wir arbeiten und wie wir wirtschaften“, sagte Seibert. „Und damit ergibt sich mit diesem Urteil eine Chance auf bessere Planbarkeit.“ Das sei insgesamt eine gute Nachricht. 

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte am Freitag, es sei das Ziel, alle Anforderungen des Gesetzes zu erfüllen. Dazu sei Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Gespräch mit den verschiedenen Regierungsmitgliedern. Einen genauen Zeitplan konnte das Ministerium nicht nennen. Altmaier hatte am Donnerstagabend im ZDF gesagt, er sehe „eine schmale Chance“ für eine Gesetzesänderung in der laufenden Legislaturperiode. Bis zur Bundestagswahl sind noch vier Sitzungswochen des Parlaments vorgesehen.

Union galt als Bremser des Klimaschutzgesetzes

Die Kritik – vor allem an der Union – ebbt dennoch nicht ab. Sie galt als Bremser des Klimaschutzgesetzes – vor allem das Bundeswirtschaftsministerium. Auf Twitter lieferten sich Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Peter Altmaier einen Schlagabtausch. Während der Bundeswirtschaftsminister das Urteil begrüßte, konterte Scholz: „Nach meiner Erinnerung haben Sie und CDU/CSU genau das verhindert, was nun vom Bundesverfassungsgericht angemahnt wurde. “ 

Die ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn lästerte auf Facebook ebenso: „Dass sich jetzt Peter Altmaier und Armin Laschet als oberste Beschützer des Klimas hinstellen, ist lachhaft, weil alle wissen, dass CDU/CSU bei dem notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien, bei Klimaschutz im Verkehr, beim Kohleausstieg immer auf der Bremse gestanden haben.“ Zum Glück lasse die junge Generation ihnen das diesmal nicht durchgehen. Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer bezeichnete das Lob aus der Politik für die Klimaschutzentscheidung als „grenzenlos scheinheilig“. Die Regierungsparteien hätten „ihren Job nicht gemacht “ und „de facto versagt, uns zu schützen“.