Mehr Tempo, bitte! Aber nicht auf der Autobahn, sondern beim Klimaschutz

Pragmatismus kann auch in die Irre führen. Aber haben die Forscher von der Leopoldina nicht recht? Es muss schneller gehen beim Klimaschutz. Ein Kommentar. 

Autos hinterlassen Lichtspuren auf einer Autobahn.
Autos hinterlassen Lichtspuren auf einer Autobahn.Sebastian Kahnert/dpa

Es ist eine Denkschrift auf 20 Seiten, verfasst mit dem Impuls, Dinge zu beschleunigen. „Den kritischen Zeitpunkt nicht verpassen. Leitideen für die Transformation des Energiesystems“, lautet der Titel eines Papiers, das die nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina am Montag pünktlich zur Koalitionsklausur im Brandenburgischen Schloss Meseberg veröffentlichte.

Offenbar reicht es einer Reihe von Klima- und Wirtschaftsforschern jetzt mit der Trödelei beim Klimaschutz. Die beteiligten Wissenschaftler beeilten sich deshalb auch besonders beim Schreiben ihres Papiers. Ihr Ziel war eine Punktlandung direkt ins Herz des Regierungshandelns. Das ist in seiner Direktheit dann doch eine recht ungewöhnliche Form des Versuchs, Einfluss zu nehmen.

Aber muss man sich darüber wundern? Nein. Ein ganzes Jahr ist für den Klimaschutz mehr oder weniger verloren gegangen, weil ein Krieg in Europa die Dinge selbstverständlich grundlegend verändert hat. Allerdings verlangsamt es den Klimawandel nicht, dass wir Menschen gerade andere Probleme haben. Der kritische Zeitpunkt, an dem Deutschland und Europa die Voraussetzungen für ein Erreichen der Pariser Klimaziele schaffen könnten, sei bald verstrichen, warnen die Forscher. 

Der Appell der Leopoldina ist ein Ruf nach Pragmatismus. Die Forscher verlangen, dass Diskussionen abgekürzt und ideologische Burgen verlassen werden. Sie kritisieren auf diese Weise sowohl die Grünen, die mit technischen Vorgaben Verbrenner-Autos möglichst schnell loswerden wollen, wie auch die FDP mit ihrem Vertrauen auf marktwirtschaftliche Kräfte. Die Forscher machen eine Reihe von Vorschlägen, darunter das Auffangen und Verwerten von Kohlendioxid, aber auch die in Deutschland umstrittene Einlagerung in der Erde.

Darüber muss man diskutieren. Richtig ist aber, dass Phase eins, die Transformation in der Energiegewinnung hin zu erneuerbaren Quellen, zu lange dauert. Man muss parallel bereits weiterdenken und handeln. Also, mehr Tempo bitte. Darauf sollten wir uns einigen.