Gender Pay Gap: „Feministische Wirtschaftspolitik“ ist was für Angsthasen

Frauen verdienen laut Destatis weniger als Männer. Das wäre leicht zu beheben, wenn ein Element Einzug in Unternehmen erhalten würde, meint unsere Autorin.

Ein Mann und eine Frau sitzen sich bei der Arbeit gegenüber. Noch gleichen sich ihre Löhne bei gleicher Qualifikation oftmals nicht.
Ein Mann und eine Frau sitzen sich bei der Arbeit gegenüber. Noch gleichen sich ihre Löhne bei gleicher Qualifikation oftmals nicht.Frédéric Cirou/imago

Der Gedanke, wie sinnvoll eine Statistik-Vorlesung hätte sein können, kommt wohl dem einen oder anderen Geisteswissenschaftler hin und wieder. Zum Beispiel an diesem Montag. Das Statistische Bundesamt Destatis hat die Zahlen für das sogenannte Gender Pay Gap 2022 veröffentlicht. Frauen haben demnach im vergangenen Jahr in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer – gemäß der unbereinigten Zahlen. Das bereinigte Gender Pay Gap liegt bei 7 Prozent.

Bereinigt bedeutet, dass Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien wie Männer im Schnitt 7 Prozent weniger pro Stunde als ihre männlichen Kollegen verdienten. Warum das so ist, ist unklar. Destatis zufolge fehlen Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, Geburt von Kindern oder Pflege von Angehörigen. Das Problem sind laut der Behörde also wie so oft fehlende Daten.

Transparenz statt „feministischer Wirtschaftspolitik“

Sei’s drum, das Gender Pay Gap wäre wohl ganz schnell zu beseitigen, gäbe es mehr Transparenz. Start-ups wie Einhorn machen es schon seit Jahren vor: Die Gehälter sind allen Mitarbeitern bekannt. Die Kollegin weiß, was der Kollege mit gleicher Qualifikation verdient.

Unternehmen sollten mindestens mit gutem Beispiel vorangehen. Der Vorteil: entfrustete Mitarbeiter, die zuvor voller Argwohn auf den Kollegen schauten, der ja – bei gleicher Qualifikation – womöglich mehr verdiente.

Die Grünen-Politikerin Ricarda Lang hat überdies kürzlich eine „feministische Wirtschaftspolitik“ gefordert. Ein Etikett, nichts weiter. Nur Angsthasen verlassen sich auf solche schöngeistigen Bezeichnungen. In Kalifornien ist man schon weiter. Hier hat der Gouverneur Gavin Newsom im vergangenen Jahr ein Gehaltstransparenzgesetz unterzeichnet. Das bedeutet, dass größere Unternehmen dazu verpflichtet sind, Gehaltsspannen zu veröffentlichen. Auch Island, Schweden und Norwegen haben entsprechende Maßnahmen veranlasst.

Hierzulande existiert das Entgelttransparenzgesetz; es wird jedoch kaum von den Unternehmen genutzt. Wir brauchen daher eine Arbeitsmarktkultur, in der Transparenz kein Hemmnis, keine Hürde ist, sondern ein Must-have. Das muss man dann auch nicht „feministisch“ nennen.  Das Wort „gerecht“ reicht.