Es ist wie in einem Bühnendrama: Die Königin dankt ab, und aus den Kulissen tritt der, den sie lange vorher dort hingeschoben hat. Friedrich Merz, Ex-Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, hat seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz nun auch offiziell bekanntgegeben. Seit seinem Abschied aus der Bundespolitik war er eine Messias-Gestalt für Merkel-Gegner, die mit der Chefin Probleme hatten – und selbst nicht genügend Kraft, ihr mit einem eigenen Modell Paroli zu bieten.
Gegenentwurf zu Merkel
Bis heute zehrt Merz von seinem Ruf als Steuerexperte, obwohl auch in der CDU seine „Bierdeckelreform“ mittlerweile nicht mehr als das Maß der Dinge gilt. Er gilt als Gegenentwurf zu Merkel, nachdem sie ihn zu Oppositionszeiten vom Fraktionsvorsitz verdrängt hatte, um ihre eigene Macht zu sichern. Zur Geschichte gehört, dass er sich gekränkt zurückzog und die Partei sich selbst überließ. Nun erfolgt die späte Revanche. Ist die Wahl für Merz erfolgreich, wird er sich nicht auf den Parteivorsitz beschränken, sondern Merkel auch als Kanzlerin vorzeitig vom Spielfeld winken wollen, selbst wenn er damit Neuwahlen riskiert.
Parteiintern ist Merz’ Kandidatur auch ein Misstrauensvotum gegen Jens Spahn, dem auf der ihm geneigten Parteiseite offenbar kein Sieg gegen Annegret Kramp-Karrenbauer zugetraut wird. Ein Messias dagegen taugt als Identifikationsfigur, selbst wenn er rachsüchtig sein sollte. (RND)