Kommentar zu G20-Akkreditierungen: Intransparenz, wo Transparenz herrschen müsste

Hamburg - Der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte am Mittwoch, die Geschichte um den Entzug von Akkreditierungen beim G20-Gipfel entwickle sich zum Krimi. Da hat er Recht. Der Fall ist undurchsichtig – skandalös undurchsichtig.

Zunächst einmal ist es an und für sich ein ungewöhnlicher Vorgang, dass Akkreditierungen nachträglich und in so kurzer Frist entzogen werden, wie das in Hamburg geschah. Die Sicherheitschecks vor und während derartiger Veranstaltungen sind gründlich. Zudem gibt es einen offenkundigen Widerspruch zwischen der Erklärung von Regierungssprecher Steffen Seibert und der des Bundeskriminalamtes.

G20 bewegte sich am Rand des Scheiterns

Dieser Widerspruch legt den Verdacht nahe, dass die zusätzlichen angeblich sicherheitsrelevanten Erkenntnisse teilweise auf die Türkei zurückgehen und sie in einigen der 32 Fälle interveniert hat. Vermutlich hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gesagt: Entweder diese Journalisten bleiben fern – oder ich. Kanzlerin Angela Merkel könnte sich, um einen Eklat zu verhindern, gegen die Journalisten entschieden haben.

Schließlich bewegte sich die Veranstaltung schon aus anderen Gründen am Rande des Scheiterns. Es wäre ein weiterer Kotau vor dem selbstherrlichen Herrscher am Bosporus, der auch im Fall Jan Böhmermann keine Ruhe gibt und in diese Republik teilweise erfolgreich hinein regiert. Andere Geheimdienste dürften ebenfalls involviert gewesen sein. Schließlich ist unklar, was deutsche Dienste eigentlich über deutsche Journalisten wissen. Hier herrscht Intransparenz, wo Transparenz herrschen müsste.

Grenze des Erträglichen weit überschritten

Die Erklärung des Bundeskriminalamts scheint jedenfalls deutlich näher an der Wahrheit zu liegen als die des Regierungssprechers, der ja mal Journalist war. Ohnehin war der Umgang der Bundesregierung mit der Angelegenheit von Beginn an verschwiemelt. Ja, sie nutzte die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen als Begründung, um die Hintergründe zu deren Lasten zu vernebeln.

Wenn Erdogan oder andere Autokraten die Pressefreiheit nicht nur daheim, sondern auch in Deutschland einschränken können, dann wäre die Grenze des Erträglichen weit überschritten. Es zeigt sich: Man kann mit diesen Leuten nicht gut Freund sein, ohne dass es abfärbt.