Kommentar zum Attentat auf Kölner OB-Kandidatin: Anschlag auf Henriette Reker zeigt Verrohung der Gesellschaft
Berlin - Sowas kommt von sowas: Es liegt nahe, zwischen dem zunehmend enthemmten Auftreten ausländerfeindlicher Demagogen im Pegida-Umfeld und dem Mordanschlag auf die Kölner Oberbürgermeister-Kandidatin Henriette Reker eine Kausalität zu sehen. Dennoch sollte man sich vor schnellen Schlüssen hüten. Auch wenn der Messer-Angreifer nach Einschätzung eines Gutachters schuldfähig ist, handelt es sich offenbar um einen Einzeltäter mit Neonazi-Vergangenheit und messianischen Überzeugungen, die eher wirr klingen.
Wahr ist aber, dass in der öffentlichen Debatte seit Monaten eine beunruhigende Verrohung voranschreitet. Pöbeleien, Drohbriefe und Galgen-Symbole werden von einem Teil der Bevölkerung inzwischen als legitime Mittel der Auseinandersetzung angesehen. Es liegt nahe, dass in einem derart maßlos unzivilisierten Umfeld auch die Hemmschwelle für Gewalt sinkt.
Um eine weitere Polarisierung der Gesellschaft zu vermeiden, ist nun eine scharfe Grenzziehung nötig: Jene Bürger, die konkrete Sorgen wegen des Zustroms von Flüchtlingen haben, muss die Politik ernst nehmen und ihnen Antworten jenseits des bloßen „Wir schaffen das!“ geben. Wer aber die gesellschaftlichen Regeln verhöhnt, die er zu verteidigen vorgibt, wer die Meinungsfreiheit für Hetze missbraucht, wer andere Menschen nötigt, bedroht oder gar umzubringen versucht – der muss die ganze Härte des Rechtsstaats zu spüren bekommen.