Kommentar zum Facebook-Urteil: Die analoge Welt hechelt der digitalen hinterher

Wer erbt, der erbt nicht nur Geld und Güter – sondern auch Pflichten. Bei einem Todesfall müssen sich die Angehörigen kümmern: Verträge kündigen, Rechnungen bezahlen, Bankgeschäfte abwickeln.

Was man früher im Aktenordner der Wohnung fand, liegt heute oft verstreut im Netz – zum Beispiel im E-Mail-Postfach oder bei anderen Diensten. Für die Angehörigen, die das Erbe verwalten müssen, ist das eine schier unlösbare Aufgabe.

Unsicherheit ist vorüber

Während Computer oder USB-Sticks längst als digitales Erbe gelten, gab es bei Daten, die in sozialen Netzwerken und auf fremden Servern lagern, keine klaren Verhältnisse. Für Betroffene ein quälender Zustand, wie der Berliner Fall zeigt, bei dem eine Mutter jahrelang darum kämpfte, Zugang zum Facebook-Profil ihrer verstorbenen Tochter zu bekommen. Dabei ist eigentlich klar: Angehörige erben auch Verträge aus der analogen Welt. Und die Tochter hat mit der Anmeldung bei Facebook ebenfalls einen Vertrag abgeschlossen.

Diese Unsicherheit ist nun glücklicherweise vorüber. Das Fernmeldegeheimnis kann nicht das Erbrecht aushebeln.

Es gibt heute keinen Unterschied mehr zwischen einem Brief und einer E-Mail. Auch Briefe fallen den Angehörigen früher oder später in die Hände, wenn sie die Wohnung des Verstorbenen betreten. Die  Welt von heute ist digital. Wir leben digital.

Das Urteil kommt zur richtigen Zeit

Der Fall zeigt auch, wie schnell die Digitalisierung unseres Alltags fortschreitet – und wie sehr die analoge Welt hinterherhechelt, wie dringend die Welten einander angepasst werden müssen. Daher kommt das Urteil zur richtigen Zeit. Der Passus zur Vererbbarkeit des digitalen Eigentums im  Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD fällt hier mehr als dürftig aus. Der Gesetzgeber muss jetzt konkret werden. Was ist zum Beispiel mit Cloud-Diensten?

Und was das Urteil auf keinen Fall darf: Zu einem Dammbruch in Sachen Persönlichkeitsrecht und Datenschutz führen.