Kommentar zum Kampf um Kobane: Nackte Angst in Ankara

Berlin - Die Front gegen die vorrückende Terroristen des Islamischen Staat in Kobane hält. Diese Nachricht hält das Kommando der US-Streitkräfte an diesem Morgen bereit. Beruhigen kann sie nicht. Auch die Luftschläge der amerikanisch geführten Allianz haben die Belagerung der Stadt durch die IS-Miliz nicht beenden können. Es gibt in diesem Konflikt keine Gewähr auf Erfolg.

Barack Obama wirbt um Geduld. Dies sei kein Problem, das über Nacht zu lösen ist. General John Allen, der Koordinator der internationalen Koalition gegen den IS, führt derweil Gespräche in Ankara. Er soll die türkischen Panzer, die in Sichtweite der Stadt an der Grenze zu Syrien bereit stehen, in Bewegung setzen. Auch Nato-Generalsekretär Stoltenberg reist heute in die türkische Hauptstadt. Das ist ein Problem direkt an ihrer Grenze, und das wissen sie, erklärt US-Außenminister John Kerry.

Angst in Ankara

Also, warum greift die türkische Armee nicht ein in einen Kampf, dessen unsicherer Ausgang sie immer stärker selbst bedroht? Müsste sie nicht aus eigenem Interesse ihr Ressentiment gegen die kurdischen Rivalen überwinden und sie in der Abwehr des IS unterstützen?

Der anti-kurdische Affekt allein erklärt die türkische Zurückhaltung nicht. Es ist die nackte Angst, die Ankara davor zurückschrecken lässt, nun direkt in einen Konflikt einzugreifen, in dem sie bereits seit geraumer Zeit Akteur ist und sich gründlich verkalkuliert hat. Dass die Türkei nicht allein die Freie Syrische Armee im Kampf gegen Baschar al Assad unterstützt hat, sondern jeden, der vorgab, gegen das Regime in Damaskus vorzugehen, ist ein offenes Geheimnis.

Schwer kalkulierbar

Dass sich die Türkei nun scheut, offen in den Syrienkrieg einzugreifen, sollte die USA und mehr noch die Europäer nicht erstaunen. Die syrische Gemengelage ist schwer kalkulierbar, die Gefahr, zu scheitern, groß. Eben aus diesem Grund haben sich die USA und Europa bislang zurückgehalten, in den Krieg einzugreifen.

Gelingt es beiden, die Türkei für ein gemeinsames Vorgehen gegen den IS zu gewinnen, wäre das vermutlich ein entscheidender Fortschritt im Kampf gegen den islamistischen Terror. Das Problem ist, wie Barack Obama sagt, nicht über Nacht zu lösen. Es ist auch nicht durch militärische Alleingänge zu lösen, sondern nur in einer breiten Koalition.