Kommentar zur AfD: Die Beobachtung der Partei ist richtig – aber nicht die Lösung

Berlin - Um es am Anfang ganz klar zu sagen: Dass das Bundesamt für Verfassungsschutz künftig die AfD ins Visier will, ist absolut richtig. Dasselbe gilt für die Art und Weise, in der dies geschehen soll. Die Partei als Ganze wird lediglich zum „Prüffall“. Der Inlandsnachrichtendienst wird also all jene Informationen über sie bündeln, die gewissermaßen in der Zeitung stehen. Beobachtet im eigentlichen Sinne werden die radikaleren Kräfte wie die Junge Alternative und der „Flügel“ – wobei letzterer eben keine Randerscheinung ist, sondern integraler Bestandteil des Ganzen.

Ganz offensichtlich hat der Wechsel an der Spitze des Kölner Amtes wesentlich zu dieser Entscheidung beigetragen. Der letzte Präsident Hans-Georg Maaßen wollte an die AfD nicht ran. Sein Nachfolger Thomas Haldenwang hingegen hat bereits bei seiner Vorstellung durch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) als erste Gefahr den Rechtsextremismus benannt.

Zwischen Teilen der AfD und der rechtsextremistischen Szene gibt es unübersehbar Überlappungen. Ohnehin entscheidet über die Beobachtung der Partei streng genommen nicht der Verfassungsschutz, sondern diese selbst. Und allein die steten Angriffe auf das Fundament der Bundesrepublik, die Aufarbeitung des Nationalsozialismus und die Abkehr von ihm durch Thüringens AfD-Vorsitzenden Björn Höcke und andere, ließen dem Kölner Amt gar keine andere Wahl. Mit dem Geist des Grundgesetzes hat dieser Herr jedenfalls nichts am Hut.

In Ostdeutschland ist die AfD schon Volkspartei

Aber natürlich – das ist nicht minder klar – ist die Beobachtung der AfD nicht die Lösung des Problems. Schließlich sitzt sie im Bundestag und mittlerweile in allen 16 Landtagen. In Höckes politischer Heimat Thüringen rangiert sie in Umfragen bei 22 Prozent. Überhaupt ist die Partei in Teilen Westdeutschlands eine kleine Minderheit, während sie in Ostdeutschland vielfach Volkspartei ist.

Dort kann die Beobachtung politisch sogar kontraproduktiv wirken, weil die Erzählung, der Staat verbiete ganz und gar legitime Meinungen, bei zu vielen Menschen verfängt – wovon sich der Verfassungsschutz, wenn er glaubwürdig bleiben will, wiederum nicht abhängig machen darf.

Bürger müssen Werte entschlossen verteidigen

Die Beobachtung ist mithin nur ein Hebel von vielen. Anderes muss hinzukommen. Die demokratischen Parteien und die Regierung müssen verantwortungsbewusst ihre Arbeit machen, so dass die Bürger den Eindruck gewinnen, die Demokratie funktioniert.

Die Bürger ihrerseits sollten demokratische Werte entschlossen verteidigen – in dem sie ihre Meinung auch gegen Widerstände vertreten, an Wahlen teilnehmen, in demokratische Parteien eintreten. Wer glaubt, die in einigen Regionen größte Bedrohung für die deutsche Demokratie seit dem Zweiten Weltkrieg werde vom Bundesamt für Verfassungsschutz gewissermaßen amtlich erledigt, der täuscht sich gewaltig und sorgt eher dafür, dass diese Bedrohung noch größer wird. (rnd)