Kommentar zur Gesetzesvorlage: Vorratsdatenspeicherung hilft nicht bei der Terrorbekämpfung
Die Terrorbekämpfung in Deutschland benötigt Personal – sie bekommt Paragrafen. Sie verlangt mehr Geld und mehr IT-Kompetenz – die Politik schenkt ihr Symbole, mit der sich im besten Fall in der Öffentlichkeit Eindruck, aber kein einziger Dschihadist dingfest machen lässt. Am Mittwoch beschließt das Bundeskabinett neue Gesetze zur Terrorismusbekämpfung, die unter anderem nicht mehr nur die Terrorismusfinanzierung, sondern jegliche Terrorismusfinanzierung unter Strafe stellen.
Würden diese Gesetze von einem Arzt als Medizin verabreicht, dann hießen sie Placebo. Für die Praxis haben sie keinen Wert, aber für das Strafrecht bedenkliche Konsequenzen – immer weiter wird es ins Vorfeld verlagert, in dem nicht Straftaten belangt, sondern Gesinnungen verfolgt werden.
Sogar Datenschutzbeauftragte ist gegen Vorratsdatenspeicherung
Die Kritik an den Gesetzen liegt also auf der Hand, aber die Kritik, die die Union nun daran äußert, liegt vollkommen daneben. Sie stört nicht , dass hier symbolische Gesetzgebung an die Stelle von Maßnahmen zur Effektivierung der Terrorbekämpfung tritt - das wäre verständlich.
Sie verlangt vom Bundesjustizminister nicht den Verzicht auf Placebos, sondern deren systematische Verabreichung und besteht auf der Wiederbelebung der vom Europäischen Gerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht beerdigten Vorratsdatenspeicherung - und das ist schon fast obszön. Vor wenigen Tagen hat die Bundesbeauftragte für Datenschutz, die CDU-Politikerin Andrea Voßhoff, bisher eine standhafte Verteidigerin der Vorratsdatenspeicherung, öffentlich erklärt: „ Wenn ich den massiven Eingriff durch eine Vorratsspeicherung in die Persönlichkeitsrechte aller Bürger abwäge gegen den zu erwartenden Nutzen für die Sicherheit, kann ich eine solche Maßnahme nicht mehr befürworten.“
Wenn die Union schon nicht bereit oder in der Lage ist, die Entscheidungen aus Luxemburg und Karlsruhe zu lesen, sollte sie es zumindest damit versuchen, ihrer eigenen Datenschutzbeauftragten zuzuhören. Erst zuhören, dann reden – der Terrorismusbekämpfung würde das zugute kommen.