Kommentar zur Griechenland-Krise: Varoufakis' Rücktritt ist ein kluger Schritt

Berlin - Der Rücktritt des griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis ist ein erstes Zeichen der Syriza-Regierung, dass sie den Konflikt mit den europäischen Institutionen nicht auf die Spitze treiben will. Im Überschwang ihres Erfolgs bei dem Referendum nicht aufzutrumpfen, sondern ihren schärfsten Propagandisten zurückzuziehen, zeugt von Klugheit.

Es mag sogar sein, dass Ministerpräsident Alexis Tsipras und Gianis Varoufakis ein Spiel mit verteilten Rollen gegeben haben – der Finanzminister, der im kurzen Wahlkampf vor der Abstimmung die Dinge noch einmal zugespitzt hat („Terrorismus der Gläubiger gegenüber Griechenland“) und der Ministerpräsident, der sich nun um eine seriöse Verhandlungsführung mit einem unbelasteten Finanzchef an seiner Seite bemüht. Eine andere Lesart wäre: Da macht einer den Lafontaine und schmeißt hin, bevor es richtig schwierig wird. Doch dagegen spricht, dass die griechische Linksregierung entgegen der ihr unterstellten Planlosigkeit ziemlich wohl kalkuliert zu Werke geht, wie auch das Referendum mit seinem eindeutigen Ergebnis zeigt.

Varoufakis war die schillerndste Figur in dem aufregenden ersten halben Jahr der Syriza-Regierung. Seine intellektuelle und rhetorische Schärfe, sein aufreizendes Posieren im Motorrad-Dress, seine demonstrative Respektlosigkeit haben ein Selbstbewusstsein der Athener Regierung vorgeführt, wie es diesen Bittstellern in den Augen ihrer Verhandlungspartner überhaupt nicht zukam. Er war die Provokation in Person, das stärkste sichtbare Zeichen, dass diese Regierung einen wirklichen Bruch mit allem will, was den bisherigen, im Ergebnis desaströsen Umgang zwischen den europäischen Institutionen und Griechenland angeht. Das haben inzwischen alle verstanden. Da braucht es den Provokateur Varoufakis nicht mehr in der ersten Reihe. Dafür ist er jetzt um so freier, die Debatten, mit seinen Beiträgen in Interviews, auf Twitter und sonstwo zu befeuern. Wir werden weiter von ihm hören.