Berlin - So ein Zufall: Kurz bevor Kanzlerin Angela Merkel zu einem Besuch bei US-Präsident Barack Obama aufbricht, sickert durch, dass die Bundesregierung eine Befragung des Whistleblowers Edward Snowden im NSA-Untersuchungsausschuss ablehnt.
Dessen Aussage könne dem „Staatswohl“ schaden. Wie bitte? Ist es nicht eigentlich genau anders herum? Die NSA-Spitzelei schadet – bis heute – dem Staatswohl der Bundesrepublik, weil amerikanische Agenten auch in Deutschland Politik, Wirtschaft und Bürger in schier unfassbarer Weise aushorchen und ausspähen.
Wir können Snowden bis alle Ewigkeit dankbar sein, dass er uns über diese Ungeheuerlichkeit aufgeklärt hat. Ohne ihn wüssten wir immer noch nichts von dem Ausmaß der NSA-Aktionen. Wenn also jemand zum Wohle unseres Staates gehandelt hat, dann dieser Whistleblower. Selbst falls die Regierung annimmt, dass er im Ausschuss nichts grundsätzlich Neues zu berichten hätte – was niemand wissen kann –, ist seine Vernehmung unverzichtbar und zudem eine Würdigung seines Tun.
Doch die Bundesregierung, also die große Koalition, will weder Aufklärung, noch einen Konflikt mit den USA riskieren. Von Anfang hat sie nicht mehr getan, als ein paar Mal floskelhaft zu protestieren und einen Vertrauensverlust zu beklagen. Jetzt während der Ukraine-Krise möchte die Regierung vom Spionageskandal am liebsten gar nichts mehr hören.
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Wichtiger ist ihr die reibungslose und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Geheimdienste dies- und jenseits des Atlantiks. Schließlich brauchen die deutschen Dienste ja die Hilfe der Amerikaner. So definiert die große Koalition Staatswohl um – zu ihrem Nutzen und gegen die Interessen von Parlament und Bürgern. Das ist kein Zufall.