Kommentar zur Wahl in Meck-Pomm: Die AfD hat Kanzlerin Angela Merkel heimatlos gemacht

Berlin - Nun ist es passiert. Die AfD ist in Mecklenburg-Vorpommern klar zweitstärkste Partei geworden, sie liegt vor der CDU. Viele hatten das erwartet, viele befürchtet. Doch was heißt das jetzt? Ist das ein schlechter oder vielleicht sogar ein guter Tag für die Demokratie im Land? Die Frage kann man sehr unterschiedlich beantworten.

Doch, zunächst, eines ist klar: Der 4. September 2016, an dem eine rechtspopulistische Partei einen Erfolg in Deutschland feiert, ist schon deshalb ein besonderer Tag, weil er auch der 1. Jahrestag jenes Datums ist, an dem Angela Merkel die Grenzen für Flüchtlinge öffnete – in jener Nacht vom 4. auf den 5. September 2015. Und es hat natürlich einen Zusammenhang, dass die AfD ausgerechnet ein Jahr später im Norden der Republik triumphiert: nämlich jenen, dass die AfD sehr vielen, die nicht einverstanden sind mit Angela Merkels Flüchtlingspolitik, spätestens seit vergangenem September eine politische Heimat bietet. Dass die AfD nun in Angela Merkels politischer Heimat, in Mecklenburg-Vorpommern, mehr Menschen anzieht als die CDU, ist für die Kanzlerin besonders unangenehm.

Ein schlechter Tag für Angela Merkel

Die Frage, ob der 4. September 2016 für Angela Merkel ein schlechter Tag ist, lässt sich daher sehr einfach klären: Ja, das ist er. Die AfD hat Angela Merkel im Norden politisch heimatlos gemacht. Und wahrscheinlich nicht nur dort.

Aber wie steht es nun mit der Demokratie an diesem Wahltag: Ist es nicht gut, wenn die Menschen überhaupt zur Wahl gehen? Wenn sie ihren Standpunkt artikulieren und die Wahlbeteiligung nicht weiter absacken lassen? Auch wenn vielen die Standpunkte der AfD-Wähler zu einfach und gleichzeitig zu radikal erscheinen? So könnte man argumentieren, wenn man nicht zum Beispiel im Sommer dieses Jahres gesehen hätte, wie politische Überzeugungen in Mecklenburg und Vorpommern auch artikuliert wurden. Die Wahlplakate der alten Volksparteien SPD und CDU, auch die der Grünen und Linken, wurden beschmiert und umgestürzt – allein die Werbung der AfD und auch der NPD blieb an vielen Orten stehen. Das jedenfalls waren keine guten Tage für die Demokratie.

AfD und NPD haben sich deutlich auf den Wahlkampf im Norden konzentriert, ganze Straßenzüge, Kleinstädte waren heftig plakatiert mit den Parolen der Rechten und der ganz Rechten. Wenn man sich die ein wenig genauer betrachtet hat, konnte man Zweifel daran hegen, dass ein Kreuz für die AfD auch ein Zeichen von Demokratie und politischer Teilhabe ist.

Angst als einziges relevantes Thema

Denn das einzig relevante Thema der AfD war die Angst vor Fremden und Flüchtlingen. Und das in einem Bundesland, in dem der Ausländeranteil gerade einmal vier Prozent beträgt, und in dem eine große Koalition aus Sozial- und Christdemokraten die Unterbringung der Flüchtlinge gar nicht schlecht gemeistert hat. Zumal sie auch nicht so viele aufnahm.

Trotzdem plakatierte die AfD den Untergang der Heimat. Damit hat sie Erfolg, mit der Mobilisierung von Wut und Zorn. Und deshalb ist es, was immer man von Merkels Politik hält, kein sonderlich gutes Zeichen für die Demokratie, wenn die AfD so viele Leute hinter sich bringt. Weil man mit Wut und Zorn kein Land zusammenhalten, geschweige denn regieren kann. Weil Wut und Zorn das Land nicht sicherer, sondern nur aufgeregter machen.

Die AfD wird im Norden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mitregieren. Aber sie wird eine sehr starke Fraktion stellen. Sie wird auch dort zeigen müssen, ob sie überhaupt eine Alternative für Deutschland kennt, die mehr ist als ein Gefühl. Ob sie den Menschen, deren Stimme sie bekommen hat, auch eine Stimme geben kann, die nicht nur schreit. Zweifel daran sind sehr angebracht.