Konkurrenz für Trittin und Roth: Lokalpolitiker mischt die Grünen-Parteispitze auf

Die Grünen-Führung hatte es sich so schön gedacht: Wenn man nur clever genug Allianzen schmiedet und Absprachen trifft, könnte man still und vor allem intern klären, welcher Spitzen-Grüne die Partei in die Bundestagswahl führt und so 2013 in den großen Fragen das letzte Wort hat. Doch nun durchkreuzt ein einzelner, völlig unbekannter Schwabe diesen Plan. Was für ein Coup.

Zwar hatte die Parteiführung nach heftiger Debatte beschlossen, mit einer Doppelspitze anzutreten – per Urwahl von allen Mitgliedern gekürt. Vorausgesetzt, es bewirbt sich noch jemand außer Parteichefin Claudia Roth und Fraktionschef Jürgen Trittin. Denn da die Realos – also deren Spitzenleute Cem Özdemir und Renate Künast – die Konkurrenz scheuen, konnten Roth und Trittin schon hoffen, doch noch ohne Urwahl gekrönt zu werden: zwei Plätze, zwei Bewerber, fertig. Der Parteitag im Herbst hätte sie nur noch beklatschen dürfen.

Winkler wird Trittin nicht schlagen

Doch da kommt Werner Winkler ins Spiel, ein Unbekannter aus Waiblingen bei Stuttgart. Er ist 47, gelernter Werbetechniker und nach einer psychologischen Ausbildung heute als Privatdozent und Paartherapeut tätig. Grünen-Mitglied ist er erst seit einem guten Jahr: Als Gegner von „Stuttgart 21“ ging er zu der Partei, die für Bürgerbeteiligung stand. Nun will er, dass die Grünen das auch ernst nehmen. Und tritt als Spitzenkandidat an.

Nicht, dass er als Vorsitzender des kleinen Ortsverbandes Waiblingen die Illusion hegt, Trittin zu schlagen. Will er auch nicht – obwohl er findet, dass er als Teil der „Generation Neumitglieder 2011“ (die Zeit des Höhenflugs) eine „gute Alternative zu den ,Altgrünen’“ ist. Mit seinem Schritt will er vor allem erzwingen, dass die Spitzenkandidaten tatsächlich von der Basis gekürt werden – und sich auch Trittin und Roth deren Votum stellen müssen. „Wir können nicht mehr direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung im Staat fordern und es in der eigenen Partei vermeiden.“

Offizielle Bewerbung ist abgeschickt

Seine offizielle Bewerbung hat Winkler nun per E-Mail an den Bundesvorstand geschickt. Da das die erste Urwahl zur Spitzenkandidatur ist, beschließt ein Länderrat erst im April Formalien und Regeln. Die Zentrale hat Winkler den Bewerbungseingang bestätigt. Und wohl alle Hoffnung fahren lassen, die aufwendige wie unberechenbare Urwahl doch noch zu verhindern. Die kommt nun – erzwungen vom einfachen, unbekannten, aber selbstbewussten Mitglied der Basis. Damit hätten die Bosse rechnen müssen.