Ukraine bekommt neuen Leiter der Antikorruptions-Staatsanwaltschaft
In einem Auswahlverfahren setzte sich Oleksandr Klymenko durch. Nun muss er bestätigt werden – von einem Generalstaatsanwalt, der zuvor Ermittlungen behinderte.

In der Ukraine ist die Ausschreibung für den Leiter der Staatsanwaltschaft für Antikorruption (SAP) beendet worden. Aus ihr ging der Kandidat Oleksandr Klymenko als Sieger hervor. Klymenko erhielt in dem Verfahren von einer Bewerbunsgkommission zur Ausschreibung die meisten Punkte. Er setzte sich mit 246 Punkten gegen den zweitplatzierten Andrij Synjuk durch, der 229 Punkte erreichte.
Klymenko ist bisher Ermittler beim Nationalen Antikorruptionsbüro (NABU) und gilt als geeignetster Kandidat. Er genießt auch das Vertrauen westlicher Partnerländer der Ukraine und internationaler Organisationen. Seine Bestätigung zieht sich bereits seit Dezember 2021 hin. In drei Runden war bisher kein eindeutiger Sieger aus der Ausschreibung hervorgegangen. Es gab Gerichtsverfahren. Mitunter erreichte die Auswahlkommission nicht das notwendige Quorum. Nun ist Klymenko Gewinner der Ausschreibung. Sein Konkurrent Andrij Synjuk soll zu seinem Stellvertreter ernannt werden.
Endgültige Ernennung könnte sich noch hinziehen
Trotz des Ausgangs der Ausschreibung könnte sich das Verfahren jedoch noch weiter hinziehen. Die Auswahlkommission forderte laut einem Bericht der ukrainischen Nachrichtenseite Hromadske von der Generalstaatsanwaltschaft, dass die Bewerber sich noch einer Überprüfung auf Verwicklungen in Korruption und Lustration unterziehen müssen. Dieser Schritt wird von unabhängigen Beobachtern als mögliche Verzögerungstaktik gewertet, da alle Kandidaten bereits im Dezember 2021 solchen Überprüfungen unterzogen worden waren.
Wie schnell Oleksandr Klymenko bestätigt wird, ist bisher noch unklar. Die EU und der Internationale Währungsfonds machen seit langem Druck für eine Ernennung des Leiters der Staatsanwaltschaft gegen Korruption. Nachdem der Ukraine am 23. Juni der Status als EU-Beitrittskandidat verliehen worden ist, muss das Land nun schnell Fortschritte, unter anderem in der Korruptionsbekämpfung, erreichen. Auch deshalb hatte Präsident Wolodymyr Selenskij in seiner Videoansprache vom Sonntag eine zügige Ernennung des Leiters angemahnt.
Der Leiter der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft muss nach dem Auswahlverfahren vom Generalstaatsanwalt oder dessen Stellvertreter ernannt werden. Wie die Berliner Zeitung gestern berichtete, ist die bisherige Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa am Sonntagabend aber von Selenskij suspendiert worden. Am Dienstag wurde sie vom Parlament auch offiziell entlassen. Derzeit ist ihr bisheriger Stellvertreter Oleksij Symonenko der vorübergehende Generalstaatsanwalt.
Symonenko hatte zuvor Ermittlungen wegen des Verdachts auf Unregelmäßigkeiten bei einem Baugeschäft gegen den stellvertretenden Leiter des Präsidentenbüros, Oleg Tatarow, abgewürgt. Geführt hatte die Ermittlungen damals ausgerechnet Oleksandr Klymenko. Dennoch erwarten Experten eine baldige Bestätigung. Ein leichter Job wird es für Klymenko in der immer wieder von Korruptionsskandalen erschütterten Ukraine aber wohl kaum.