Künstlerisches Verarbeiten der Scheidung: Scheidungsfotografin hilft beim Ehe-Aus

Am Anfang heißt es immer: „Ja, ich will“. Ja, ich will, ich will, ich will. Doch zwei Kinder, fünf Sommerurlaube und drei Gerichtsprozesse später wird der große Hammer herausgeholt. Damit lassen sich nämlich wunderbar Eheringe zertrümmern. Dann werden die Dinger so richtig platt gemacht. Und dann ab ins Klo, wo sie hingehören. Oder noch besser: In einen Sarg und ab damit ins Unterreich. Bei alledem handelt es sich nicht um ein okkultes Ritual einer feministischen Sekte, sondern um den neusten Schrei in den USA: Scheidungsparties. Ja, in den Staaten feiert man auch das Ende des heiligen Bündnisses. Brautkleider werden in Brand gesteckt, Fotos zerstückelt und seine hässlichen Boxershorts in gemeinsamer Wut zerfetzt. Unter Mottos wie „Single and free again!“ oder „No men – Amen!“ feiern Frauen in Paillettenkleidern ihre wiedergewonnene Freiheit. Konfetti! Sahnetorte! Cocktails!

„Von solchen Feierlichkeiten möchte ich mich ausdrücklich distanzieren“, sagt Monika Faßmer, Deutschlands erste Scheidungsfotografin. „Manche Leute begehen den Fehler, mich mit diesen Partys in Verbindung bringen zu wollen. Ich kann dem aber gar nichts abgewinnen.“ Die Hamburgerin hat vor sechs Jahren damit begonnen, frisch geschiedene Frauen in ihren ehemaligen Hochzeitskleidern abzulichten. Sie selber hatte gerade eine schmerzhafte Trennung hinter sich.

Künstlerisches Verarbeiten

Die Idee hat sich ausgezahlt: Mittlerweile kann sie von der Scheidungsfotografie leben. Die Nachfrage ist groß. Im Gegensatz zu den Scheidungspartys möchte Faßmer das Ende jedoch nicht mit Alkohol und Wut feiern, sondern künstlerisch verarbeiten. Gemeinsam mit Graffiti-Künstlern verwandelt die Fotografin die weißen Kleider in geballte Farbenfröhlichkeit. „Es ist Kunst, keine Therapie“, erklärt sie, „und doch betrachte ich mich manchmal als Hobbytherapeutin, wenn ich sehe, welche positiven Prozesse meine Arbeit in Gang setzt.“

Faßmer ist gläubige Christin. Ein Widerspruch? „Das mag auf den ersten Blick so erscheinen. Natürlich bin ich grundsätzlich gegen Scheidung. Aber mir ist noch wichtiger, dass diese Frauen ein gesundes Verhältnis zu ihrer Vergangenheit wiedererlangen. Eine Leidenszeit soll beendet werden, und zwar dadurch, dass man sich selbst vergibt.“ Bei den Scheidungspartys sieht Faßmer ein solches Potenzial jedoch nicht. Sie glaubt, dass hier Menschen ihre Vergangenheit verleugnen oder durch Hass und Exzess ersetzen.

Ganz falsch liegt die Fotografin damit wahrscheinlich nicht. Beliebtes Spiel bei Scheidungspartys ist nämlich auch das Dart-Werfen. Natürlich mit dem Gesicht des Verflossenen als Zielscheibe. Manche nehmen auch eine Voodoo-Puppe zur Hand und piksen, piksen, piksen, wie sie es immer schon mal wollten. Oder sie nehmen eine Pinata: Nach mexikanischem Brauch werden die Pappmaché-Figuren an Kindergeburtstagen mit Süßigkeiten gefüllt, am Baum aufgehängt und dann mit einem Baseballschläger zertrümmert. Schokolade und Karamellbonbons fliegen einem nur so um die Ohren. Warum also nicht ein Pappmaché-Püppchen in Lebensgröße und mit dem Angesicht des Ex?

Monika Faßmer kann über solche Frauen nur lächeln und den Kopf schütteln: „Ich glaube einfach, dass solcher Hass schlichtweg hässlich macht“, sagt sie. Die Fotografie sei hingegen ein riesiges Geschenk, sowohl für ihre Kundinnen als auch für sie als Kreative. Um Geld allein ginge es ihr dabei nicht. Das Ende als Kunstwerk feiern – das ist für die Fotografin ein Ausdruck der Nächstenliebe. „Also, wenn ich einfach nur ein gutes Geschäft machen wollen würde, dann wäre ich besser Hochzeitsfotografin geworden.“

Kein Profit aus dem Leid anderer

Dass man mit dem Ende aber mittlerweile auch in Deutschland ein rentables Geschäft machen kann, beweist Christoph Prüfer, Co-Organisator der ersten Scheidungsmesse Deutschlands. In Dortmund findet im April die „Erste große Scheidungsmesse inklusive Scheidungsparty“ statt. Über dreißig Aussteller werden erwartet: Scheidungsanwälte, Vaterschaftstestanbieter, Friseure, Detekteien, Astrologen und natürlich Speed-Dating-Agenturen, damit man gar nicht erst aus der Übung kommt. „Es ist wie eine Hochzeitsmesse – nur umgekehrt“, sagt Prüfer.

Monika Faßmer wird nicht auf der Messe vertreten sein. An einer reinen Marketing-Veranstaltung ist sie nicht interessiert: „Dass die steigende Scheidungsrate ,strategisch vermarktet‘ wird, war meines Erachtens nur eine Frage der Zeit“, bedauert Faßmer. Sie selbst habe lange mit dem Vorwurf kämpfen müssen, aus dem Leid anderer Profit zu machen. „Je mehr ich beobachte, dass Scheidungen zum reinen Geschäft werden, desto klarer distanziere ich mich von dieser Handlungsweise“, sagt sie.