Morales hat den Brief zwar nie erhalten, aber Camacho sein Ziel erreicht. Morales ist weg. Und in Teilen liegt das an dem Druck, den Camacho und andere bis dahin unbekannte Chefs der sogenannten Bürger-Komitees machten. Erstmals aufmerksam wurden die Bolivianer auf den Unternehmersohn, als er dem Präsidenten inmitten der Nachwahl-Krise ein Ultimatum von 48 Stunden stellte, innerhalb derer er zurücktreten sollte.
Sehr laut, sehr rechts, sehr katholisch
Plötzlich ist der Vorsitzende des „Bürger-Komitees Pro Santa Cruz“ in aller Munde und wird schon als Präsidentschaftskandidat gehandelt. Dabei ist Camacho so etwas wie die Antithese zu Morales – laut, sehr rechts, sehr katholisch. Sein Diskurs ist nicht einschließend, sondern ausgrenzend. Er stammt aus dem Departement Santa Cruz im bolivianischen Tiefland, wo sich die Opposition gegen Morales konzentrierte und wo man despektierlich auf das Hochland und seine indigene Mehrheit blickt.
Camacho ist es in den vergangenen drei Wochen seit der Präsidentenwahl vom 20. Oktober gelungen, die Gegner der Regierung hinter sich zu scharen. Dabei ist er gar kein Politiker und will es nach eigenen Worten auch gar nicht sein. Aber er war es, der nach dem offensichtlichen Wahlbetrug die lauteste Kritik äußerte. Während der in der Wahl zweitplatzierte Kandidat Carlos Mesa noch eine Neuwahl forderte, verlangte Camacho, Spitzname „Macho“, schon längst den Rücktritt von Morales. Jetzt will er, dass die Abgeordneten der Morales-Partei ihr Mandat niederlegen, er will die Spuren der vergangenen 14 Jahre tilgen.
Camacho hat es nicht so mit der parlamentarischen Demokratie. Ihm schwebt, zumindest vorübergehend, eine Art „Regierungsjunta“ vor, die aus Militärs und Vertretern der Bürger-Komitees gebildet wird. Camacho selbst stellt sich als ein Vertreter der neuen anti-systemischen Politikergarde da. Besonders hebt er seine Gläubigkeit hervor: Er wolle die „Bibel wieder in den Präsidentenpalast“ bringen. Die Lage in Bolivien wird nicht einfacher.