Macht-Poker und Wahl-Krimi zugleich: Wer regiert Berlin und was wird aus Franziska Giffey?

Nach der Berlin-Wahl stehen die ersten Sondierungsgespräche an: Die CDU wird mit SPD und Grünen reden. Welche Koalitionen sind möglich? Ein Überblick.

Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von Berlin
Franziska Giffey, Regierende Bürgermeisterin von BerlinJohn MacDougall/AFP

Die Berliner haben gewählt, jetzt liegt es an den Parteien. CDU, SPD, Grüne und Linke werden Gespräche über mögliche Regierungsbündnisse führen. Wer zieht ins Rote Rathaus? Bleibt Franziska Giffey (SPD) Regierende Bürgermeisterin – oder wird sie von Kai Wegner (CDU) abgelöst?

CDU und SPD: Was wird aus Franziska Giffey?

Kommt die große Koalition? Die ersten Sondierungsgespräche werden CDU und SPD am Freitagvormittag führen. Franziska Giffey kündigte an, den Austausch mit den Christdemokraten abwarten zu wollen, bevor man dann weitersehe.

Sondierungsgespräche dienen zur ersten Kontaktaufnahme, CDU und SPD werden über inhaltliche Gemeinsamkeiten und Konflikte diskutieren. Dabei wird ausgelotet, wo Kompromisse für etwaige Koalitionsverhandlungen gefunden werden könnten.

Dass die Sozialdemokraten zunächst mit der CDU sprechen, ist naheliegend. Erstens haben die Christdemokraten die Wahl mit deutlichem Abstand gewonnen – ihnen gebührt der Vorzug. Zweitens haben SPD, Grüne und Linke in den vergangenen Wochen deutlich gemacht, dass sie ihr Bündnis gerne fortführen wollen. Rein taktisch bietet es sich für die SPD also an, zunächst die Beweglichkeit der CDU zu testen – um dann Druck auf Grüne und Linke ausüben zu können, um ihnen Zugeständnisse abzuverlangen.

Wie realistisch aber ist ein schwarz-rotes Regierungsbündnis? Der Landesverband der SPD gilt als links, gerade in sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen würde es starke Reibungen geben. Bei der SPD-Basis dürfte sich Protest regen.

Hinzu kommt die Personalie Franziska Giffey: Es ist schwer vorstellbar, dass sie in einer Koalition mit der CDU ein Amt übernähme – und falls doch, welches. Da Kai Wegner Regierungschef würde, bliebe für Giffey, sofern sie will, ein Posten als Senatorin.

Zum Beispiel für Inneres, was nicht abwegig wäre: Bei all den sicherheitspolitischen Herausforderungen, vor denen die Hauptstadt steht –Stichwort Silvesterkrawalle –, käme Giffey eine Schlüsselrolle zu. Zudem hat die SPD-Chefin eine „Veränderungsagenda“ für ihre Partei auch bei innerer Sicherheit angekündigt. Ein Signal an die CDU?

CDU und Grüne: Schlucken die Konservativen die Verkehrspille?

Nimmt man das Wahlergebnis, muss dieses Bündnis ebenso als große Koalition gelten: Am Freitagnachmittag kommen CDU und Grüne zusammen, um die Bereitschaft für eine Regierungsbildung auszuloten. Auch in diesem Fall zöge Kai Wegner ins Rote Rathaus ein. Bettina Jarasch, eben noch Grünen-Spitzenkandidatin, bliebe wohl weiterhin Senatorin.

Doch die Sondierungen dürften es in sich haben: Vor allem in der Verkehrs- und Baupolitik liegen zwischen grünen und konservativen Vorstellungen Welten. Beispiel Enteignung: Die CDU ist strikt dagegen, die Grünen spielen damit. Beispiel Verkehr: Die Grünen wollen weniger Verbrenner in der Stadt, die CDU plakatierte: „Berlin ist für alle da. Auch für Autofahrer.“

Wenige Tage vor der Wahl hatte Wegner beim RBB gesagt, dass das, was die Grünen verkehrspolitisch vorhätten, mit ihm nicht zu machen sei. Sein Schluss damals: Da er nicht davon ausgehe, dass die Grünen ihre Haltung diesbezüglich ändern würden, könne er sich eine Koalition „nicht vorstellen“.

Das war vor der Wahl. Im Angesicht einer Machtoption sieht oft vieles anders aus, weniger dogmatisch. Die CDU müsste also große Zugeständnisse machen. Immerhin gehören Verkehr und Bauen für die Grünen als Klimapartei zu ihren zentralen Politikfeldern.

SPD, Grüne und Linke: Klare Tendenz für Fortsetzung?

Bleibt alles, wie es ist? Was die Farbkombination angeht, wäre Rot-Grün-Rot das Weiter-so. Inhaltlich stünden sich diese Koalitionspartner am nächsten. Allerdings: Für SPD und Grüne blieben in einem Dreierbündnis weniger Kabinettsposten als in einer Koalition mit der CDU.

Zudem kamen auch Sozialdemokraten zu der Erkenntnis, dass der Sieg der CDU auf Unmut in der Hauptstadt deutet. Zwar hätte Rot-Grün-Rot die größte Mehrheit. Allerdings haben alle drei Parteien bei der Wahl verloren – anders als die CDU. „Es gab eine deutliche Wechselstimmung. Das können wir nicht ignorieren und einfach so weitermachen“, sagte Landesvize Kian Niroomand dem Spiegel.

Andererseits sagte Giffey, dass es eine „klare Tendenz gibt für die Fortsetzung“. Die Lage ist diffus bei den Sozialdemokraten.

Am Ende wird es also davon abhängen, wie sich die SPD entscheidet: Wählt sie die Opposition, um sich neu aufzustellen, inhaltlich wie personell? Oder entscheidet sie sich doch für eine Koalition aus Wahlverlierern?

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