Malaysia: Doch keine Haftstrafe wegen Homosexualität
Es geschehen noch Zeichen und Wunder in Malaysia: Seit 2008 musste sich der Oppositionsführer Anwar Ibrahim wegen seiner angeblichen Homosexualität vor Gericht verantworten. Am Montag endete der international kritisierte Prozess überraschend mit einem Freispruch. Die vorgelegten Beweise seien nicht ausreichend, entschied das Oberste Gericht in der Hauptstadt Kuala Lumpur.
Anwar reagierte überrascht auf das Urteil . Während der vergangenen Tage hatte er in Interviews immer wieder behauptet, auf eine langjährige Gefängnisstrafe vorbereitet zu sein. Sie kann im muslimisch dominierten Vielvölkerstaat Malaysia für homosexuelle Aktivitäten verhängt werden. Zugleich hatte der verheiratete Vater von sechs Kindern stets beteuert, nicht homosexuell zu sein. Die Vorwürfe und der Prozess seien ein Komplott gewesen, um ihn politisch kalt zu stellen, sagte er.
Beschuldigt worden war Anwar von einem früheren Mitarbeiter. Er erhob den Vorwurf, nachdem er Premier Najib Razak getroffen hatte – und kurz nachdem die von Anwar geführte Patakan an der Spitze einer Allianz der regierenden Umno-Partei erstmals seit 50 Jahren die Zwei-Drittel-Mehrheit genommen hatte.
"Korrupte Regierung" von der Macht verdrängen
Premier Najib verkündete nach dem Freispruch sofort: „Das ist der Beweis, dass unsere Gerichte unabhängig sind.“ Allerdings glauben die wenigsten Beobachter in Malaysia, dass der Premier plötzlich geläutert ist. Vielmehr passt der Freispruch offenbar in sein politisches Kalkül, denn in der ersten Hälfte dieses Jahres will er aller Voraussicht nach Neuwahlen ausrufen. Trotz massiver Manipulationen beim Zuschnitt von Wahlkreisen scheint ihm ein deutlicher Sieg nicht sicher – deshalb will die Regierung wohl auch keinen Märtyrer kreieren.
Die städtische Mittelklasse, die chinesische Minderheit und die Malaysier indischer Abstammung haben sich während der vergangenen Jahre von der regierenden Umno-Partei abgewandt. „Der Kampf bei den Wahlen wird um die Malaien ausgefochten“, sagt denn auch Oppositionsführer Anwar. Während die Landbevölkerung fest zum Regime steht, senden die Malaien in den Städten zunehmend Zeichen der Unzufriedenheit über Vetternwirtschaft und Korruption aus.
Anwar machte aus seinen Plänen auch am Montag kein Geheimnis. Nachdem er wieder Luft geholt hatte, verkündete er: „Bei der kommenden Wahl wird die Stimme des Volkes gehört werden und diese korrupte Regierung von ihrem Piedestal der Macht gestoßen.“ Manche Malaysier sind nicht ganz so optimistisch, weil regierungsnahe Medien weiter jede Menge Schmutz über Anwar verbreiten – der darauf antwortete: „Ich bin ein Macho.“