Marco Buschmann: „Nicht verboten, aber auch nicht geboten“
Lieber Kontaktbeschränkungen als Ausgangssperren: Der designierte Bundesjustizminister über das Urteil des Verfassungsgerichts zur Bundesnotbremse.

Der designierte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) will in der Corona-Pandemie auch künftig eher auf Kontakt- als auf pauschale Ausgangsbeschränkungen setzen. Die Belange von Kindern und Jugendlichen müssten stärker berücksichtigt werden und konkrete Inzidenzen vor Ort die Grundlage für Beschränkungen sein. Pauschale Lockdowns lehnt er ab. „Die Notbremse ist nicht verboten, aber auch nicht geboten“, so Buschmann.
Der FDP ist mit dieser Reaktion am Dienstag das Kunststück gelungen, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bundesnotbremse zu akzeptieren und gleichzeitig deutlich zu machen, dass solche Maßnahmen nur bei äußerster Gefahrenlage zulässig seien und es bessere Möglichkeiten in der Pandemiebekämpfung durch das neue Infektionsschutzgesetz gebe.
Bundesverfassungsgericht: Notbremse legitim und verhältnismäßig
Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sowie das Schließen von Schulen sind ein legitimes Mittel in einer Pandemie. So hat es am Dienstag das Bundesverfassungsgericht festgestellt und entsprechende Verfassungsbeschwerden auch von FDP-Politikern zurückgewiesen. Die sogenannte Bundesnotbremse war – so, wie sie im vergangenen Frühjahr gesetzlich verankert worden war – verfassungsgemäß und verhältnismäßig. Das Gericht sieht die beanstandeten Eingriffe in Grundrechte als legitimes Mittel des Gesetzgebers, um Leben und Gesundheit der Bevölkerung und das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch zu schützen.
Die Bundesnotbremse war im April im Rahmen des Bevölkerungsschutzgesetzes bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite für einen Zeitraum von etwas mehr als zwei Monaten eingerichtet worden. Darin enthalten: ein Bündel von Maßnahmen, die in das Infektionsschutzgesetz eingefügt wurden. Sie waren an eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 gekoppelt. Überschritt also in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert von 100, so galt dort ab dem übernächsten Tag die Bundesnotbremse. Schulen mussten ab diesem Wert in den Wechselunterricht gehen und ab einer Inzidenz von 165 schließen. Bei sinkenden Inzidenzen traten die Maßnahmen automatisch außer Kraft. Alle Vorschriften galten bis Ende Juni.
Union fordert neue Notbremse
In seiner Urteilsbegründung führt das Gericht an, dass die Regelungen des Gesetzgebers und die Einschätzung der Gefahrenlage auf wissenschaftlich fundierter Grundlage zustande gekommen seien. Beschränkungen von Freizeit- und Kultureinrichtungen, Läden, Sport und Gaststätten spielten vor Gericht keine Rolle. Eine entsprechende Verfassungsbeschwerde wurde als nicht zulässig eingestuft.
Nach dem Urteil forderten die Unionsparteien umgehend eine neue Notbremse. Die Ampelparteien FDP und Grüne wollen soweit allerdings nicht gehen. Buschmann wies noch einmal darauf hin, dass Bundesländer wie Sachsen und Bayern mit besonders hohen Inzidenzen Möglichkeiten der Kontaktbeschränkung wie 2G und 2G+ konsequent anwenden könnten.