Angela Merkel verstand es geschickt, den türkischen Präsidenten einzubinden und zugleich dafür zu sorgen, dass er in Deutschland keine politische Rolle spielt. Sie sagte nach dem gescheiterten Putsch in Ankara im Jahr 2016: „Von den Türkischstämmigen, die schon lange in Deutschland leben, erwarten wir, dass sie ein hohes Maß an Loyalität zu unserem Land entwickeln.“ Viele in der türkischen Community fanden diese vorbeugende Zurechtweisung zwar völlig zu Recht als Beleidigung – hatten ihre Familien doch als Gastarbeiter das Wirtschaftswunder erst möglich gemacht.
Wirklich gedankt wurden den Gastarbeitern aber nicht. Viele zählen mittlerweile zu jenen, „die schon länger hier leben“. Im Jahre 2011, als es 50 Jahre Anwerbeabkommen zu feiern gegeben hätte, fiel der Dank des gesamten deutschen Establishments immer noch karg und spröde aus.
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Merkels Deal
Das Misstrauen besteht bis heute. Politische Begradigungen gibt es allerdings auch nicht: Erdogan monierte beim Abschiedsbesuch Merkels am Bosporus, dass die Türken in Europa Opfer von rassistischen Vorurteilen und Taten sind. Zugleich ist es immer noch die staatliche türkische Ditib, die bestimmt, was in den deutschen Moscheen gepredigt wird. Doch Merkels Hauptaugenmerk lag weniger auf einer freudigen Annahme des „bunten Deutschland“. Sie musste realpolitisch handeln, um dem Meinungsumschwung im Hinblick auf die Flüchtlinge Rechnung zu tragen. Erdogan bekam Milliarden von der EU und hält bis heute die Grenzen für Millionen Flüchtlinge geschlossen.
Das war Merkels „Deal“. Erdogan dankte es Merkel ostentativ – auch, weil er sich nicht sicher sein kann, ob die Grünen in der Bundesregierung für eine Verlängerung stimmen werden.