Militärausgaben weltweit erstmals über zwei Billionen Dollar

Schon vor dem Ukraine-Krieg sind die weltweiten Militärausgaben gestiegen, so das Forschungsinstitut SIPRI. Stark aufgerüstet hat 2021 auch: Russland.

Russische Interkontinentalrakete vom Typ RS-24 „Jars“ am 9. Mai 2021 auf dem Roten Platz in Moskau
Russische Interkontinentalrakete vom Typ RS-24 „Jars“ am 9. Mai 2021 auf dem Roten Platz in MoskauAFP/Dimitar Dilkoff

Die weltweiten Militärausgaben haben dem jüngsten Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri zufolge im Jahr 2021 ein Rekordniveau erreicht. Sie stiegen das siebte Mal in Folge und überschritten die Marke von zwei Billionen Dollar (1,85 Billionen Euro), wie Sipri-Experte Diego Lopes da Silva der Nachrichtenagentur AFP sagte. „Das ist der höchste Wert, den wir je hatten.“ Russland rüstete dabei vor seinem Einmarsch in die Ukraine massiv auf.

Die Militärausgaben Moskaus stiegen um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr - auf 65,9 Milliarden Dollar (60,9 Milliarden Euro). Die Verteidigungsausgaben machten 4,1 Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, was „viel höher als der Weltdurchschnitt“ sei, betonte Lopes da Silva. Moskau wurde damit zum fünftgrößten Ausgabenstaat der Welt.

Finanziert durch Öl und Gas

Die hohen Öl- und Gaseinnahmen hätten dem Land geholfen, seine Militärausgaben zu erhöhen, fügte der Experte hinzu. Gegen Ende des Jahres habe Russland einen starken Anstieg der Ausgaben verzeichnet. „Dies geschah, als Russland Truppen an der ukrainischen Grenze aufstellte, was natürlich der Invasion in der Ukraine im Februar vorausging.“ Zwischen 2016 und 2019 seien die russischen Ausgaben wegen niedriger Energiepreise und der Sanktionen im Zuge der russischen Annexion der ukrainischen Krim-Halbinsel noch zurückgegangen, dann aber wieder gestiegen.

SIPRI

Ob Russland in der Lage sein wird, seine Ausgaben aufrechtzuerhalten, sei aufgrund der Sanktionswelle, die der Westen als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine verhängt hat, schwer vorherzusagen, sagte Lopes da Silva. Es gebe jetzt noch härtere Sanktionen als damals nach der Annexion der Krim 2014, „aber wir haben auch höhere Energiepreise, die Russland helfen könnten, die Militärausgaben auf diesem Niveau zu halten“.

Weltweiter Anstieg das siebte Jahr in Folge

Derweil hat auch die Ukraine ihre Militärausgaben deutlich gesteigert: Zwischen 2014 und 2021 wuchsen sie um 72 Prozent, im Vergleich zu vor zehn Jahren sogar um 142 Prozent. Unterbrochen wurde der Trend kurz vor der russischen Invasion; so sanken die ukrainischen Militärausgaben vergangenes Jahr um 8,5 Prozent auf 5,9 Milliarden US-Dollar. Allerdings machte der Anteil der Militärausgaben immer noch 3,2 Prozent des ukrainischen Bruttoinlandsprodukts aus.

Insgesamt stiegen die weltweiten Militärausgaben im vergangenen Jahr auf 2,1 Billionen Dollar (1,94 Billionen Euro). Das entspricht einem Anstieg von 0,7 Prozent im Vergleich zu 2020 und einem Plus von zwölf Prozent verglichen mit dem Jahr 2012. Damit wuchsen die weltweiten Militärausgaben trotz Corona-Pandemie das siebte Jahr in Folge. Am stärksten haben die USA, China, Indien, Großbritannien und Russland aufgerüstet. Zusammen stehen die fünf Länder für 62 Prozent der globalen Militärinvestitionen.

Stetige Erhöhung in Deutschland

Deutschland gab im Jahr 2021 51,8 Milliarden Euro für seine Verteidigung aus, was 1,3 Prozent des BIP entspricht. Damit liegt die Bundesrepublik hinter Frankreich Platz sieben. Im Zehn-Jahres-Zeitraum stiegen Deutschlands Militärausgaben um 24 Prozent.

Die USA gaben zwar mit 801 Milliarden Dollar (740 Milliarden Euro) weltweit am meisten für die Verteidigung aus. China, das mit geschätzten 293 Milliarden Dollar die zweitgrößten Militärausgaben der Welt tätigt, steigerte seine Ausgaben um 4,7 Prozent. Es verzeichnete damit das 27. Jahr in Folge einen Ausgabenanstieg.

Indien investierte im vergangenen Jahr 76,6 Milliarden US-Dollar, das waren 0,9 Prozent mehr als 2020. Großbritanniens Ausgaben wuchsen innerhalb des untersuchten Zeitraums um drei Prozent auf 68,4 Milliarden US-Dollar.

„Höchst gefährlicher Weg“

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace reagierte besorgt auf die globalen Rekordausgaben für Rüstung. „Die Staatengemeinschaft ist damit auf einem höchst gefährlichen Weg und hat eine entscheidende Lektion der Vergangenheit vergessen: Mehr Geld für Waffen bringt nicht zwangsläufig mehr Sicherheit“, erklärte der Greenpeace-Abrüstungsexperte Alexander Lurz.

Mit dem geplanten 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr habe Deutschland „einen massiven Beitrag zur globalen Rüstungsspirale auf den Weg gebracht“. Lurz rief die Bundesregierung auf, „die Dimension der geplanten Aufrüstung zu hinterfragen“.