Nach Pornokonsum eines Parlamentariers: Serbiens Koalition bröckelt und Vucic ärgert sich

Ein serbischer Abgeordneter musste zurücktreten, weil er während einer wichtigen Parlamentsdebatte beim Pornoschauen erwischt wurde.

Anfang Februar kam es im serbischen Parlament zu Tumulten.
Anfang Februar kam es im serbischen Parlament zu Tumulten.Aleksandar Djorovic/imago

Ende letzter Woche tagte das serbische Parlament in mehreren Sondersitzungen zum Dauerthema Kosovo. Sogar Staatspräsident Aleksander Vucic war zugegen im historischen Plenarsaal der serbischen „Skupstina“. Er wollte den Parlamentariern das neuste Ultimatum des Westens präsentieren und Rede und Antwort stehen.

Allein dass der Staatspräsident sich im Parlament ankündigt, zeugt bereits von der Bedeutung der anstehenden Debatte. Laut dem sogenannten Deutsch-Französischen Plan muss Serbien konkrete Zugeständnisse bezüglich der Staatlichkeit des Kosovos machen, ansonsten drohen massive westliche Wirtschaftssanktionen. Diesen Plan galt es zu diskutieren mit allen Fraktionen und Volksvertretern.

Bei der Sitzung kam es zu Tumulten und Rangeleien. Plakate wurden im Saal gehisst, die den serbischen Staatspräsidenten als Volksverräter bezichtigen. Mehrere Abgeordnete aus den rechtsnationalistischen Oppositionsparteien wollten sogar das Podium stürmen, auf dem sich Vucic befand.

Die Intensität der Sitzung erklärt sich dadurch, dass es thematisch um nichts Geringeres geht als die Verteidigung der nationalen Souveränität und staatlichen Integrität. Serbien erkennt das Kosovo nicht als unabhängigen Staat an und müsste, wenn es den Deutsch-Französischen-Plan akzeptiert, seine Blockadehaltung gegenüber der Mitgliedschaft des Kosovos in internationalen Organisationen aufgeben. Eine eigene Anerkennung des Kosovos oder eine UN-Mitgliedschaft wird parteiübergreifend abgelehnt.

Twitter-Video zeigt Pornokonsum

Der Abgeordnete Zvonimir Stevic aus den Reihen der Sozialistischen Partei Serbien (SPS) schien sich über die Bedeutung der Sitzung nicht ganz im Klaren zu sein. Ein kürzlich aufgetauchtes Twitter-Video zeigt ihn, wie er während der hitzigen Debatte auf seinem Handy Pornovideos schaut. Als im Parlament also über staatstragende Fragen diskutiert wurde, zog Stevic es vor, sich auf der Plenarbank seinen Schmuddel-Filmchen zu widmen.

Stevic stammt sogar aus dem Kosovo und war in mehreren Mandaten Vizepräsident des Stadtparlaments in Pristina. Den langjährigen Parlamentarier, der bereits zu Zeiten Slobodan Milosevics Abgeordneter im damaligen Parlament der Bundesrepublik Jugoslawien war, kostete der Sexvideo-Konsum mittlerweile sein Amt. Serbische Medien vermeldeten heute seinen Rücktritt.

Porno könnte mögliche Regierungskrise in Serbien verstärken

Besonders brisant an dem Vorfall ist, dass die Sozialistische Partei Serbiens derzeit in Regierungsverantwortung steht. Als Juniorpartner der dominierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) um Staatspräsident Aleksander Vucic und Premierministerin Ana Brnabic stellt sie die aktuelle Regierung. Gerade in der Kosovofrage wirft die SNS den Sozialisten oftmals mangelnde Unterstützung vor und auch, dass sie generell unbequeme Themen gerne populistisch gegen den eigenen Koalitionspartner ausnutzt.

SNS-Parteifunktionär Darko Glisic forderte heute bereits Neuwahlen in einem Interview für den staatstreuen Sender Happy-TV. Offen kritisierte er auch das Verhalten des pornoschauenden Zvonimir Stevic. Während Glisic seine Forderung stellte und eine Zusammenarbeit mit den Sozialisten in Zweifel zog, lief im Hintergrund der Mitschnitt des Twitter-Videos, auf dem der angesprochene Sozialist unverhohlen seinen Porno guckt.

Mögliche Neuwahlen in Serbien?

Auch Präsident Vucic bemängelte vor zwei Tagen bereits (also bevor das Twitter-Video den Pornokonsum bloßlegte) die Sozialisten. Gerade in der Kosovo-Debatte hätte ihn das Verhalten der Abgeordneten des Koalitionspartners ernüchtert. „Ich bin sehr enttäuscht über das Verhalten der Sozialisten, die irgendwo zwischen allem stehen und versuchen, allen Seiten zu gefallen“, sagte Vucic der Tageszeitung Novosti. Er betonte, dass die SNS sich vor möglichen Neuwahlen nicht scheut. Anstatt sich vom eigenen Koalitionspartner, dem Westen und den verlogenen Rechten aus der Opposition erpressen zu lassen, würde der Präsident sogar Neuwahlen vorziehen.

Der nun entdeckte Pornokonsum des sozialistischen Abgeordneten Stevic wird Präsident Vucic, der auch Parteivorsitzender der Fortschrittspartei ist und am Ende die Entscheidung über einen Koalitionsbruch und Neuwahlen treffen wird, sicherlich nicht milder gestimmt haben.

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