Nach Corona-Ausbruch bei Tönnies: Das Virus kehrt zurück in unseren Alltag

Seit Mittwoch gelten für die NRW-Kreise Gütersloh und Warendorf wieder Einschränkungen im öffentlichen Leben. Dabei stehen die Sommerferien vor der Tür.

Im Kreis Gütersloh wird die Bevölkerung seit einigen Tagen verstärkt auf das Coronavirus getestet.
Im Kreis Gütersloh wird die Bevölkerung seit einigen Tagen verstärkt auf das Coronavirus getestet.AP/Martin Meissner

Düsseldorf/Gütersloh-In Nordrhein-Westfalen beginnen an diesem Freitag die Sommerferien, und eigentlich sah es danach aus, als kehre nach Monaten des Corona-Ausnahmezustands so etwas wie Normalität zurück. Cafés und Geschäfte öffneten, größere Gruppen durften sich wieder treffen und selbst Urlaubsreisen schienen möglich.

Nach dem Corona-Ausbruch in Fleischfabriken in den NRW-Kreisen Gütersloh und Warendorf hat sich die Hoffnung der rund 640.000 Einwohner auf unbeschwerte Sommerferien nun vorerst zerschlagen: In der Nacht zu Mittwoch trat um Mitternacht die sogenannte Corona-Regionalverordnung in Kraft. Seitdem dürfen sich wieder nur zwei Menschen oder Angehörige eines Haushalts treffen. Museen, Kinos, Fitnessstudios, Bars und Hallenbäder bleiben geschlossen, nicht aber Geschäfte und Restaurants.

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Lockdown-Light“ nennen Vertreter der Kreise die Maßnahmen, die zunächst bis zum 30. Juni gelten. Ein Reiseverbot gebe es nicht, betonte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Gütersloher und Warendorfer dürfen ihren Kreis also verlassen. Doch ihre Auswahl an Reisezielen ist seit Dienstag eingeschränkt. Hotels und Pensionen in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern beherbergen ab sofort keine Besucher aus den betroffenen Kreisen mehr. Ausnahmen sollen für Reisende gelten, die einen negativen Corona-Text vorweisen können. Auch Schleswig-Holstein will Bürger aus Corona-Risikogebieten nur noch unter strengen Auflagen einreisen lassen.

Einreisebeschränkungen für Touristen

Seitdem ist eine Debatte über die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen entbrannt. Noch am Sonntag hatte Armin Laschet einen erneuten Lockdown für den betroffenen Kreis abgelehnt. Experten hatten hingegen schon seit Bekanntwerden des Massenausbruchs in dem Schlachthof des Fleischwarenunternehmens Tönnies vergangene Woche zur weitgehenden Stilllegung des öffentlichen Lebens geraten. Aber es gibt auch Kritik an den jetzt geltenden Regeln, vor allem Barbetreiber fürchten um ihren Umsatz. Auch die Einreisebeschränkungen für Touristen aus den betroffenen Kreisen sorgten für Unruhe, Kritiker sprechen von einem Generalverdacht gegenüber einer ganzen Region.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verteidigte das Vorgehen seines Bundeslandes. „Wir müssen die Sicherheit für alle sicherstellen, auch für die vielen Urlaubsgäste, die bereits bei uns sind“, sagte Söder im Bayerischen Rundfunk. Zu einer Generalkritik des Krisenmanagements seines nordrhein-westfälischen Amtskollegen wollte er sich nicht hinreißen lassen. Er könne die Situation vor Ort aus der Ferne schlecht einschätzen, sagte Söder. „Fakt ist: Die Ereignisse zeigen, wie zerbrechlich die neue Normalität ist.“

Österreich verhängt partielle Einreisewarnung für NRW

Ministerpräsident Laschet warnte indessen vor einer Stigmatisierung der Menschen aus Gütersloh und Warendorf. Die Maßnahmen seien nötig, um die Lage zu beruhigen. Die Testungen in den Kreisen würden ausgeweitet, um festzustellen, ob sich das Virus bereits über die Mitarbeiter in den Fleischbetrieben hinaus in der Bevölkerung verbreitet habe. Am Dienstag hatten schon mehr als tausend Menschen im Kreis die Möglichkeit genutzt, sich kostenlos auf das Virus testen zu lassen. Allein im Kreis Gütersloh gibt es bislang  mehr als 1900 Corona-Fälle, die meisten davon im Zusammenhang mit der Fleischfabrik Tönnies.

Am Mittwoch erließ dann auch Österreich eine partielle Einreisewarnung für NRW (Sicherheitsstufe 5): „Vor Reisen nach Nordrhein-Westfalen wird gewarnt“, heißt es auf der Homepage des österreichischen Außenministeriums. Für den Rest Deutschlands gilt in Österreich die Sicherheitsstufe 4, von nicht unbedingt notwendigen Reisen wird abgeraten.

Relegationsspiel zwischen dem SC Verl und Lok Leipzig soll stattfinden

Der Corona-Ausbruch hat auch Einfluss auf ein wichtiges sportliches Ereignis im Kreis Gütersloh. Betroffen ist der westfälische Regionalligist SC Verl, der um den Aufstieg in die 3. Liga kämpft.

Zwar soll das Relegationsspiel zwischen dem SC Verl und Lok Leipzig wie geplant am Donnerstag stattfinden. „Nach Austausch mit dem Kreis, der Stadt, dem DFB und Lok Leipzig wird der Sportclub wie geplant nach Leipzig anreisen“, teilte der Klub bereits am Dienstag mit. Wie die Zeitung Neue Westfälische erfuhr, wird das für den 30. Juni angesetzte Rückspiel allerdings nicht im heimischen Stadion ausgetragen werden können. „Wir haben alles versucht. Jetzt versuchen wir, eine gemeinsame Lösung zu finden“, sagte Klub-Präsident Raimund Bertels am Mittwoch der dpa.

Der SC Verl muss sich nun auf die Suche nach einem alternativen Spielort machen. Verl liegt nur rund 16 Kilometer vom Tönnies-Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück entfernt, wo sich mehr als 1500 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert hatten. In Verl selbst wurden am Sonnabend mehrere Wohnkomplexe, in denen vorwiegend Tönnies-Arbeiter wohnen, abgesperrt. Die Bewohner stehen unter Quarantäne.