Opfer der SED-Diktatur: Bundesstiftung fehlt das Geld für die SED-Aufarbeitung
Berlin - Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur kann wegen knapper Finanzen eine Vielzahl von Projekten nicht fördern. „Wir müssen 60 Prozent der Anträge ablehnen“, sagte die Geschäftsführerin der Stiftung, Anna Kaminsky, der Deutschen Presse-Agentur. Stark gesunkene Zinseinnahmen machten der Stiftung, die sich aus Bundesmitteln und Kapitalvermögen finanziert, seit 2013 zu schaffen. Und das Stiftungsvermögen darf nicht angetastet werden.
„Das Interesse an der Aufarbeitung steigt, und wir haben zu wenig Geld - da beißt sich die Katze in den Schwanz“, erklärte Kaminsky. Wegen der schwierigen Situation haben die Haushälter des Bundes in diesem Jahr wieder 500.000 Euro zusätzlich bereitgestellt. „Darüber freuen wir uns sehr, es rettet uns einige Vorhaben und stabilisiert die Stiftung.“ Im 25. Jahr der deutschen Einheit werden so mit zwei Millionen Euro bundesweit knapp 130 neue Projekte unterstützt. Früher standen allein an Stiftungsgeld 2,5 Millionen Euro für Aufarbeitungsprojekte bereit. Das Geld reicht aber nicht.
Niedrig-Zinsen machen Stiftungen zu schaffen
Der kulturpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marco Wanderwitz, bestätigte dies. „Das ist leider so“, sagte dieser Zeitung. „Und das ist nicht nur ein Problem der Stiftung Aufarbeitung, sondern aller Stiftungen. Wir haben der Stiftung Aufarbeitung deshalb in den letzten beiden Jahren jeweils 500.000 Euro gegeben, um das ein Stück weit auszugleichen. Uns ist aber bewusst, dass es mehr sein müsste, um das Niveau zu halten, das wir vorher hatten.
Man bräuchte mindestens eine Million Euro. Wir werden bei den Haushaltsverhandlungen im Herbst versuchen, diese Summe für 2016 zu bekommen.“ Die Stiftung mache „eine Super-Arbeit“. Der sächsische Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Lutz Rathenow, äußerte sich ähnlich. „Es wäre im Interesse aller, dass der Bund hier eine Ausgleichszahlung leistet“, erklärte er. „Der Wunsch wird von allen an der Aufarbeitung beteiligten Seiten geäußert.“ Und die Stiftung arbeite sparsam.
Die Bundesstiftung realisiert eigene Projekte. Zugleich tritt sie als Förderer in Ost- und Westdeutschland auf. So wird mit 40.000 Euro eine neue Dauerausstellung im DDR-Museum Pforzheim gefördert. 50 000 Euro bekommt die Altofim GbR in Nordrhein-Westfalen für ihr Projekt „DDR-Schmalfilm und Alltags-Erinnerungskultur“. Mit 29.000 Euro wird eine Ausstellung in Sachsen „Helden im Wilden Osten“ unterstützt.
„Ein befristeter fester Jahreszuschuss vom Bund wäre die ideale Lösung - wir hätten dann mehr Planungssicherheit“, sagte Geschäftsführerin Kaminsky mit Blick auf die gegenwärtige Lage. Anliegen sei weiter, die dezentrale Aufarbeitung zu stärken. Die Auseinandersetzung mit der zweiten Diktatur müsse zum selbstverständlichen Thema in Schule und Lehre werden. Für Menschen in ländlichen Gebieten und in den westdeutschen Ländern solle das Informationsangebot weiter verbessert werden.
Die Niedrig-Zinsen machen den Stiftungen seit Jahren zu schaffen. „Der Sektor insgesamt ächzt nicht", erklärte Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, dieser Zeitung bereits im November 2013. „Aber viele Mitglieder der Stiftungsfamilie haben Probleme. Vor allem viele kleinere Stiftungen leiden unter der Zinssituation. Sie sind von kalter Enteignung bedroht."
Zwar seien Zinsschwankungen keineswegs neu, so Fleisch damals. Dass der Ertrag unter die Inflationsrate rutsche, sei allerdings ungewöhnlich und mache sich entsprechend bemerkbar. Seit 2013 sind die Zinsen auf Kapitalerträge weiter gesunken und bewegen sich nahe null.