Er gilt als einer der letzten Verteidiger von Wladimir Putin: Gerhard Schröder. Jetzt soll der ehemalige Bundeskanzler, der unter anderem Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft ist, aus der SPD geworfen werden. In Berlin arbeitet der Vorstand des Kreisverbandes Treptow-Köpenick an einem entsprechenden Antrag.
„Bei uns an der Basis wird Schröders Festhalten an Putin schon lange als sehr befremdlich angesehen“, sagt der Co-Vorsitzende des Kreisverbandes, Christopher Jäschke, der Berliner Zeitung. „Unsere Mitglieder haben das Gefühl, dass das parteischädigendes Verhalten ist“, so Jäschke. Auf einer Sitzung des Kreisvorstands in der nächsten Woche soll ein Beschluss zum Ausschluss Schröders gefasst und anschließend ein Antrag bei einem Parteischiedsgericht eingereicht werden. Bis das Schiedsgericht einen endgültigen Beschluss fällt, kann aber einige Zeit vergehen – wie etwa der Fall des früheren Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin zeigt. Dieser wurde erst im dritten Anlauf nach mehr als zehn Jahren aus der SPD ausgeschlossen.
Jäschke liegt damit auf Linie mit Tom Schreiber, dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, der ebenfalls aus Treptow-Köpenick stammt. „Wir müssen uns verändern“, sagt Schreiber der Berliner Zeitung, und meint damit die SPD, in der viele Spitzenpolitiker lange einen russlandfreundlichen Kurs vertreten haben.
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Seit die russische Armee ihren Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, haben viele ihre Meinung zu Putin geändert. Tenor: Sie hätten sich getäuscht, Putin sei ein Aggressor und müsse international isoliert werden.
Von Schröder ist so etwas öffentlich nicht zu hören. Das machen ihm immer mehr Parteifreunde zum Vorwurf. Das sei „mit sozialdemokratischen Werten nicht mehr vereinbar“.
„Schröder hatte die Zeit, sich öffentlich zu positionieren, zu sagen, er lag falsch“, sagt Tom Schreiber. Schröder schade „mit seinem Nichtstun der Partei“. Schließlich steuere er damit „einen klaren Gegenkurs“ zu Kanzler Scholz.
Letzter Auslöser waren Meldungen, wonach Schröder seinen langjährigen Büroleiter und Redenschreiber Albrecht Funk sowie drei weitere Mitarbeiter seines Büros verliert. Sie gäben ihre Posten auf, berichteten das Nachrichtenportal The Pioneer und die Hannoversche Allgemeine Zeitung am Dienstag. Damit wäre das Altkanzlerbüro verwaist.
Angeblich hat es Differenzen wegen des Angriffs auf die Ukraine gegeben. Funk solle seinem Chef eine schnelle und klare Distanzierung von Putin sowie einen Rücktritt von allen Aufsichtsratsmandaten in russischen Unternehmen empfohlen haben. Über solche Schritte Schröders ist bisher nichts bekannt.
„Die ganze Welt macht einen Schnitt mit Putin – nur Schröder nicht“, kritisiert Schreiber.