Parteikonflikt: Bodo Ramelow kritisiert Wagenknecht und eigene Partei
Berlin - Aufgrund des Erstarkens der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) scharfe Kritik am Kurs seiner Partei geäußert. „Wir müssen endlich die Ängste der Menschen ernst nehmen und uns mit ihnen auseinandersetzen, statt sie zu bekämpfen“, sagte er der Thüringer Allgemeinen. Der Thüringer Regierungschef kritisierte zugleich Vertreter seiner Partei, die versuchten, „die Tonlage der AfD zu imitieren“. Dabei griff er auch die Bundestagsfraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht an. „Nicht durch das noch schrillere Beschreiben lösen wir die Probleme, sondern durch gelingende Integration“, mahnte Ramelow.
Wagenknecht hatte kritisiert, die Linke habe sich für den Flüchtlingskurs der Regierung „mitverhaften lassen“. Sie warnte zudem davor, AfD-Wähler in die rassistische Ecke zu stellen. Linken-Chefin Katja Kipping, die für einen sehr flüchtlingsfreundlichen Kurs steht und häufiger andere Akzente als Wagenknecht gesetzt hatte, bezeichnete ihre Partei in der Flüchtlingsfrage dennoch als geschlossen. „Ich würde sagen, Sahra Wagenknecht und ich haben eine unterschiedliche Tonalität“, sagte sie der Welt. „Sie werden bei uns in der Linken aber niemanden finden, der für eine weitere Verstümmelung des Asylrechts stimmt, während es dazu in den anderen Parteien sehr unterschiedliche Positionen gibt.“ Die AfD griff Kipping an. „Die Positionen der AfD sind in weiten Teilen rassistisch. Es gibt aktuell einen Flügelkampf in der AfD, Teile der AfD haben enge Verbindung zu extrem Rechten bis hin zu Neonazis.“ Der aus dem Landesverband Brandenburg stammende Bundesschatzmeister Thomas Nord erklärte der Berliner Zeitung: „Ich finde, wir brauchen keine binnenfixierte Debatte. Sondern wir brauchen eine Debatte, die hilft, die Kräfte gegen die Rechtsentwicklung in der Gesellschaft zu bündeln.“
Laut der neuesten Umfrage des ZDF-Politbarometers liegt die AfD in Ostdeutschland mit 19 Prozent erstmals vor der Linken (17 Prozent) und der SPD (18 Prozent). Der ARD-Deutschlandtrend war zu einem ähnlichen Resultat gekommen. In einer Emnid-Umfrage für die Bild am Sonntag rangiert die Linke bundesweit in der Sonntagsfrage bei acht Prozent, die AfD kommt auf zwölf Prozent. Das setzt die Linke vor ihrem Parteitag Ende Mai in Magdeburg unter Druck. Sie galt lange Zeit als unumstrittene Protestpartei, zumindest in Ostdeutschland.
Der Konflikt zwischen Wagenknecht und Teilen von Partei und Fraktion gärt seit Wochen. Sie hatte mehrfach betont, dass Deutschland nicht unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen könne und kriminelle Flüchtlinge ihr „Gastrecht“ verwirkt hätten. Im Wettbewerb mit der AfD müsse man Rücksicht auf sozial Schwache nehmen und wieder mehr auf Protest setzen. Dies hatte zu Widerspruch der meisten anderen Bundestagsabgeordneten geführt. Neben Kritik in der Sache wirft man der Fraktionsvorsitzenden auch vor, ihrer neuen Rolle nicht gerecht zu werden. Als Chefin müsse sie die Mehrheitsmeinung vertreten, heißt es. Das tue sie nicht.