Phil Hogan sieht „Mini-Deal“ für Freihandel mit den USA in Reichweite

Der EU-Kommissar verhandelt robust und geht dort einen Deal ein, wo er der EU vermeintlich am wenigsten weh tut.

Berlin-Der Terminkalender von Phil Hogan weist in diesen Tagen unerwartete Lücken auf. Zahlreiche Termine des für Freihandel zuständigen EU-Kommissars mit Vertretern aus China wurden wegen des Coronavirus abgesagt. Die Verhandlungen können ohne persönliche Treffen nicht abgeschlossen werden.

Phil Hogan, EU-Kommissar  für Handel. 
Phil Hogan, EU-Kommissar für Handel. imago images/Le Pictorium

So bleibt dem Sohn einer irischen Bauernfamilie mehr Zeit, in aller Stille ein Freihandelsabkommen mit den USA voranzutreiben. Das Thema ist heikel: Noch ist das Desaster um TTIP in Erinnerung. Es hatte Massenproteste gegen den europäisch-amerikanischen Freihandel gegeben.

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Am Ende waren die EU-Verhandler erleichtert, dass das Abkommen von Trump verworfen wurde. Hogan hatte sich um den umstrittensten Bereich gekümmert – die Landwirtschaft. Dieses Thema kennt er wie keines: Seine Familie betreibt in Kilkenny einen Bauernhof, den Hogan zeitweise auch selbst führte. Während der Verhandlungen zum TTIP hatte Hogan die vielen regionalen Interessen der Europäer in der Balance zu halten.

Phil Hogan verhandelt robust

Verhindern konnte er das Scheitern nicht. Nun wählt er einen anderen Ansatz: Er sieht, wie er der Financial Times sagte, einen „Mini-Deal“ für einen Freihandel mit den USA in Reichweite. Dieser soll möglich werden, weil Reizthemen wie die Chlorhühner ausgeklammert werden. Hogan war seit seiner Bestellung zum Chefverhandler durch Ursula von der Leyen im Dezember bereits zweimal in den USA gewesen und hat verhandelt.

Hogan muss vor allem verhindern, dass Grüne, NGOs und andere Lobbyisten den neuen Anlauf stoppen. Daher ist das Thema Landwirtschaft zunächst ausgeklammert – obwohl US-Präsident seinen Farmern keine Botschaft lieber verkündete als die von neuen Absatzmärkten. Doch Phil Hogan ist Ire – wie Trump.

Er verhandelt robust und geht dort einen Deal ein, wo er der EU vermeintlich am wenigsten weh tut. Das Atlantic Council hat in einer Analyse die Bereiche Technologie und Energie als attraktive Zielbereiche definiert. Die Amerikaner kämpfen während der Corona-Seuche mit großer Energie gegen den chinesischen Huawei-Konzern und könnten so eine Marktlücke eröffnen.

Im Energie-Bereich wollen die Amerikaner eine Bevorzugung für ihr Flüssiggas (LNG). Das geht gegen die Russen, und auch hier sind die meisten EU-Regierung streng transatlantisch – wie die Sanktionen zeigen. Sollte die Verhandlungen scheitern, kann Hogan auf seinen Zweitberuf zurückgreifen: Er hat eine erfolgreiche Karriere als Versicherungsmakler.