Präsidentenwahl in Polen: Knapper Vorsprung für Duda

Kopf-an-Kopf-Rennen bei Präsidentenwahl in Polen. Nach der ersten Prognose liegt Amtsinhaber Andrzej Duda, von der konservativen PiS-Partei, knapp vorne. 

Eine Wählerin trägt in der Wahlkabine einen Mundschutz und Gummihandschuhe. 
Eine Wählerin trägt in der Wahlkabine einen Mundschutz und Gummihandschuhe. AP/dpa/Petr David Josek

Warschau-Dramatisches Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Präsidentenwahl in Polen: In den Prognosen nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend hat der Amtsinhaber Andrzej Duda knapp vor seinem Rivalen Rafal Trzaskowski gelegen. Sein Vorsprung war jedoch derart dünn, dass der Ausgang der Stichwahl zwischen dem rechtsgerichteten Staatschef und seinem liberalkonservativen Herausforderer in der Nacht offen blieb.

Mehr als 30 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgefordert. Am Sonntagabend um 21 Uhr wurden die ersten Prognosen verkündet - laut EXIT POLL mit einem leichten Vorsprung für Amtsinhaber Andrzej Duda mit 50,4 Prozent, der für die national-konservative Regierungspartei Prawo i Sprawiediwosc (PiS) angetreten war. Herausforderer Rafal Trzaskowski, der von der liberalen Oppositionspartei Koalicja Obywatelska (KO) nominiert wurde, erhielt laut Hochrechnungen 49,6 Prozent. Das offizielle Endergebnis wird knapp ausfallen und erst am Montagabend oder Dienstag vorliegen.

Das Staatsfernsehen TVP 1 übertrug den Wahlabend von Andrzej Duda, der bei der Verkündung der ersten Hochrechnungen überrascht reagierte. Erst bedankte er sich bei allen Anwesenden, dann skandierte er „Es lebe Polen!“. Er lobte die hohe Wahlbeteiligung von circa 69 Prozent und verwies darauf, dass die hohe Teilnahme ein Beweis für das wache politische Interesse der polnischen Bürger sei. Außerdem gratulierte er seinem Herausforderer Rafal Trzaskowski für sein gutes Ergebnis und lud ihn in den Präsidentenpalast ein, um mit einem Händedruck den hitzigen Wahlkampf zu beenden.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Abschließend entschuldigte er sich bei allen Polen, die sich durch seine Worte jetzt oder in den vergangenen fünf Jahren verletzt gefühlt hätten. „In Polen hat jeder einen Platz“, sagte Duda und spielte auf zahlreiche LGBT-Gruppen an, die seinen Wahlkampf als homophob kritisierten. Herausforderer Trzaskowski wiederum zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Hochrechnungen im Laufe der Nacht noch drehen könnten. Er prognostizierte, dass er nach der endgültigen Stimmenauszählung die Wahl gewinnt. Den Händedruck würde er Duda nach dem amtlichen Endergebnis gewähren, schrieb er auf Twitter. 

Die überraschend hohe Wahlbeteiligung von 69 Prozent ist auf die enorme Polarisierung im Land zurückzuführen, die im Wahlkampf von beiden politischen Lagern angefacht wurde. Amtsinhaber Duda verteidigte die Reformen der Regierungspartei PiS, die vor allem in Brüssel und Berlin auf Kritik stoßen. Besonders die Justizreform, die regierungsnahen Richtern einen hohen Machtzuwachs einräumt, wurde von westlichen Beobachtern scharf kritisiert. Die Reformen in der Gerichtsbarkeit und Andrzej Dudas Rolle im Verabschiedungsprozess haben in Polen 2017 zu Protesten geführt. Die Kritiker sehen die Rechtsstaatlichkeit Polens und die Gewaltenteilung in Gefahr. Die Sozialreformen der PiS hingegen werden mehrheitlich als Erfolg bewertet.

Der Herausforderer Rafal Trzaskowski, derzeit Bürgermeister von Warschau, wurde von der Oppositionspartei KO verspätet aufgestellt, nachdem der erste Termin der Präsidentschaftswahl im Mai wegen der Corona-Krise verschoben werden musste. Eigentlich sollte die Oppositionspolitikerin Malgorzata Kidawa-Blonska als Bewerberin antreten, doch wegen schwacher Umfragewerte verzichtete die KO auf ihre erneute Nominierung. Trzaskowski hingegen konnte in einem erhitzten Wahlkampf schnell an Popularität gewinnen und sich nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl vor zwei Wochen als zweitstärkster Kandidat durchsetzen. Er steht für einen pro-europäischen Kurs.

Im Wahlkampf spielten die Frage um LGBT-Rechte und die Beziehung zu Deutschland eine große Rolle. Duda versprach, sich für deutsche Reparationszahlungen einzusetzen und eine Repolonisierung der Medien voranzutreiben. Deutschen Medien warf er vor, sich in den Wahlkampf einzumischen und in polnischen Titeln, die deutschen Konzernen gehörten – etwa wie die polnische Boulevardzeitung Fakt –, den Herausforderer Trzaskowski zu unterstützen. Kurz vor der Wahl bestellte das polnische Außenministerium die Gesandten der deutschen Botschaft ein, um die Vorwürfe zu diskutieren.

Trzaskowski versprach, sich als Staatsoberhaupt für Schwulenrechte einzusetzen und kontroverse Gesetze der Regierung durch sein Veto-Recht zu blockieren. Ein Sieg Trzaskowskis würde das politische Kräfteverhältnis neu ordnen. Bisher konnte die Regierung dank absoluter Mehrheit im Parlament Gesetzesvorhaben im Schnellverfahren durchsetzen und mit der Unterstützung von Präsident Duda rechnen. Trzaskowski würde die Regierung dazu zwingen, bei neuen Gesetzen den parlamentarischen Kompromiss zu suchen. In Falle von Dudas Sieg drohen fünf weitere Jahre Machtkonzentration aufseiten der Regierung und weitere Reformen, etwa im Medienrecht.