Rabbinerschule soll reformiert werden: Konzept in Arbeit

Das Abraham Geiger Kolleg, eine hochangesehene liberale Rabbinerschule in Potsdam, ist wegen Vorwürfen sexueller Belästigung in den Schlagzeilen. Vieles muss noch untersucht werden. Doch klar ist: Die neue Führung pocht auf Veränderungen.

Die Interimsdirektorin des Abraham Geiger Kollegs in Potsdam, Gabriele Thöne.
Die Interimsdirektorin des Abraham Geiger Kollegs in Potsdam, Gabriele Thöne.Soeren Stache/dpa/Archivbild

Potsdam/Berlin-Die Rabbinerschule Abraham Geiger Kolleg in Potsdam soll nach Vorwürfen der sexualisierten Belästigung und des Machtmissbrauchs reformiert werden. „Es geht mir darum, die Vorwürfe zu klären und die nötigen Schlüsse daraus zu ziehen mit dem Ziel, diese wichtige Institution zu erhalten und zu stärken“, sagte Interimsdirektorin Gabriele Thöne der Deutschen Presse-Agentur. „Diese Stimme des liberalen Judentums gehört dazu, heute und morgen.“ Ein Konzept könnte bis zum Jahresende vorliegen. „Wenn man sich jetzt wegdrehen würde und sagen würde, das sitze ich aus, dann garantiere ich Ihnen, dass der Schaden endgültig wäre“, sagte Thöne.

Die Vorwürfe sexueller Belästigung durch einen Dozenten waren im Mai in einem Bericht der „Welt“ öffentlich geworden. Die Geschäftsführung räumte ein, dass es bereits im Dezember 2020 und dann im Februar 2022 solche Vorwürfe gab. Darüber hinaus geht es um den Vorwurf des Machtmissbrauchs, der ein „Klima der Angst“ erzeugt haben soll. Der Gründer und Rektor des Kollegs, Walter Homolka, lässt vorerst alle Ämter ruhen.

Zum Stand der Aufklärung sagte Interimsdirektorin Thöne wenig. Ihre Tür stehe für jeden und jede offen. „Zu Vorwürfen habe ich einige Gespräche geführt, ich will das nicht näher quantifizieren“, sagte sie. Im „Spiegel“ ergänzte sie, sie habe mit 80 bis 100 Personen geredet. Darunter seien die beiden Personen gewesen, bei denen Vorwürfe sexualisierter Belästigung im Raum stünden.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Homolka wurde unter anderem Ämterhäufung vorgehalten. Er war nicht nur Rektor des Kollegs, sondern auch Vize-Direktor der School of Jewish Theology und Vorsitzender der Leo Baeck Foundation. Der Vorwurf des Machtmissbrauchs sei wenig greifbar, sagte Thöne. Sie sei in einer „Phase des Hörens“, um Konkreteres zu erfahren. „Ob Rabbiner Homolka in sein Amt zurückkehren kann, ist heute nicht zu beantworten. Wir haben einen Rechtsstaat, da ist das Ergebnis offen. Aber ich schaue mir die Strukturen an und dann muss man sehen, was dann passt.“

Im Auftrag des Zentralrats der Juden soll auch die Kölner Anwaltskanzlei Gercke Wollschläger zur Aufklärung beitragen. Zwischenstände würden nicht bekannt gegeben, teilte der Zentralrat auf Anfrage mit. Auch die Kanzlei selbst wollte sich zur laufenden Untersuchung nicht äußern. Daneben arbeitet eine Kommission der Universität Potsdam zu Fragen, die die Uni als Institution betreffen. An dem liberalen Kolleg werden seit 1999 Rabbiner für jüdische Gemeinden ausgebildet. Das Institut für Jüdische Theologie ist Teil der Universität Potsdam.

Das Kolleg hat nach eigenen Angaben 16 Studenten in der Rabbinerausbildung und sieben Studenten in der Ausbildung zum Kantorat. Nach Thönes Worten läuft die Ausbildung normal weiter. Sechs neue Studenten hätten sich angemeldet. Von den Geldgebern des Instituts sei keiner abgesprungen. In den vergangenen Jahren wurden nach ihren Angaben insgesamt 41 Studenten ausgebildet, davon 31 Rabbinerinnen und Rabbiner und zehn Kantorinnen und Kantoren. Auch diese Ehemaligen würden gehört.