Razzia gegen die Schleuser-Mafia: Bestatter soll Pässe von Toten verkauft haben

Mit den Pässen von Verstorbenen sind Menschen illegal von Syrien nach Deutschland geschleust worden. Ein islamisches Bestattungsunternehmen aus dem Berliner Bezirk Neukölln soll die Dokumente an eine internationale Schleuserbande verkauft haben. Polizisten durchsuchten am Donnerstagmorgen insgesamt 19 Objekte in Neukölln, Kreuzberg und Schöneberg.

Nach Informationen der Berliner Zeitung wird auch gegen eine Mitarbeiterin des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf ermittelt. Die 48-Jährige soll mit den Schleusern zusammen- gearbeitet haben. Hauptbeschuldigter ist der 53-jährige Ahmad D., der zusammen mit seinem Sohn in Neukölln ein islamisches Bestattungsunternehmen betreibt. Der streng religiöse Bestatter, der regelmäßig nach Mekka pilgert, sicherte den Angehörigen der Toten zu, die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt zu übernehmen und kam so an die Ausweise. Für diese kassierte er laut Ermittlungen 2 000 bis 5 000 Euro von der Schleuserorganisation. Diese verkaufte die Pässe in Syrien an Personen, die den Verstorbenen auf den Passbildern ähnelten. „Über die Türkei oder Griechenland sind die Geschleusten nach Berlin gereist“, sagte Meik Gauer, Sprecher der Bundespolizei. Dass Schleuser Ausweise Toter benutzen, ist für die Ermittler neu. „Das haben wir zum ersten Mal festgestellt“, sagte Gauer.

Mitte 2013 hatten die Behörden einen entsprechenden anonymen Hinweis erhalten. Diesem ging dann die gemeinsame Ermittlungsgruppe „Schleuser“ der Bundespolizei und des Berliner Landeskriminalamtes nach. Bislang konnten die Ermittler neun Schleusungen nach Berlin seit 2010 nachweisen. Einige der Geschleusten reisten weiter in andere Länder. Die Ermittler gehen davon aus, dass mithilfe der Pässe Verstorbener zahlreiche weitere Flüchtlinge nach Deutschland geschmuggelt wurden. Am Firmensitz von Ahmad D. stellten die Fahnder einen Koffer mit insgesamt 50 Reisepässen und Ausweisen sicher. Festnahmen gab es zunächst nicht.

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Als die Fahnder die Telefone der Verdächtigen abhörten, kamen sie auf die Mitarbeiterin des Bürgeramtes Charlottenburg-Wilmersdorf. Sie steht im Verdacht, den Aufenthalt der Geschleusten „legalisiert“ zu haben, indem sie sie ins Melderegister eintrug. Dafür soll sie Adressen benutzt haben, die zu unbewohnten Gebäuden wie Abriss- oder Bürohäusern gehörten. Zudem soll sie Melderegisterauszüge ausgedruckt haben, wie sie für das Beantragen von Sozialleistungen nötig sind. Geprüft wird auch, ob die Frau Ausweise Toter an Ahmad D. weiterreichte, anstatt sie ungültig zu machen.

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