Reform für überlastete Feuerwehr: Chefs im Einsatz

Das Problem ist lange bekannt, geändert hat sich aber seit Jahren kaum etwas. Innensenatorin Spranger will nun ernsthafte Reformen beim Rettungsdienst der Be...

ARCHIV - Ein Rettungswagen der Feuerwehr fährt auf einer Straße.  mbolbild
ARCHIV - Ein Rettungswagen der Feuerwehr fährt auf einer Straße. mbolbildFernando Gutierrez-Juarez/dpa/Sy

Berlin-Seit Jahren leidet der Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr unter ständiger Überlastung wegen Personalmangels und überflüssige Notrufe. Nun will Innensenatorin Iris Spranger (SPD) gegensteuern und dabei offensichtlich auch weniger Rücksicht auf eingefahrene Strukturen und Privilegien der Chefetagen nehmen als bisher. Auf einer Personalversammlung kündigte sie am Donnerstag ein Maßnahmenpaket mit zahlreichen Vorschlägen an, um die Situation kurz- bis mittelfristig zu verbessern.

„Sie können darauf vertrauen, dass dieses Mal konkrete Maßnahmen beschlossen werden, die Lösungen hervorbringen werden“, sagte Spranger in ihrer Rede, die dpa vorlag. „Aber ich will keinen Hehl daraus machen, dass ich mir mehr Tempo in der Umsetzung wünsche“, kritisierte sie die Feuerwehr.

Bislang seien 20 Vorschläge zur Verbesserung der Situation erarbeitet worden, auch konkrete Maßnahmen sind schon geplant:

- Zur Entlastung der Rettungssanitäter sollen auch andere Angehörige der Feuerwehr bis zu drei Schichten im Monat in Krankenwagen übernehmen. „Das gilt ausdrücklich auch für die Führungskräfte. Hier erwarte ich, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen.“

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- Bei leichten Symptome soll nicht mehr automatisch ein Rettungswagen zu Patienten geschickt werden. Als Beispiel nannte Spranger „Bauchschmerzen“. Hier soll stattdessen der Notdienst der Kassenärzte zuständig sein. Das spare 7000 bis 8000 Einsätze im Jahr. Bereits im Juli war eine ganze Reihe kleinerer Verletzungen neu eingestuft worden, um 5000 Einsätze pro Jahr zu sparen.

- Dringend soll die Feuerwehr mehr Auszubildende anwerben, möglichst bis zu 500 im Jahr. Dafür soll es mehr Flexibilität bei den Einstellungen geben, etwa durch kürzere Bewerbungsfristen und andere Erleichterungen für die Bewerber. Auch der schwierige Sporttest bei der Aufnahmeprüfung soll erleichtert werden.

- Für bestimmte Einsätze soll es Geldzulagen geben.

- Die Abläufe in der Einsatzzentrale sollen verbessert werden, über Arbeitszeitmodelle, Tischbesetzzeiten, Dienstpläne, Funktionsbesetzungen und erforderliche Qualifikationen soll neu nachgedacht werden. Besser werden müsse auch die behördeninterne Kommunikation.

Im vergangenen Jahr kam die Feuerwehr auf 400.000 medizinische Notfalleinsätze und Krankentransporte, dazu gab es 20.000 Fehleinsätze. Im laufenden Jahr wurde noch häufiger als früher der Ausnahmezustand ausgerufen, weil zu viele Notrufe eingingen und es nicht genug Personal für die 140 Rettungswagen gab.

Viele Menschen mit alltäglichen Verletzungen oder Krankheiten wählen die Notrufnummer 112 anstatt zum Arzt zu gehen. So landen Bagatellfälle bei der Feuerwehr. Dazu kommt an den Wochenenden das Partyleben mit Betrunkenen und Verletzten. Der viele Alkohol und die Drogen seien ein „massives Problem“, hieß es von der Feuerwehr. Auch die Rettungsstellen der Krankenhäuser sind dann überfüllt. Am Montag will sich das Abgeordnetenhaus im Innenausschuss mit der problematischen Situation befassen.