: Regressverbot der Kassen : CSU stellt geplante Entlastung der Hebammen in Frage
Berlin - Die CSU stellt die von der Bundesregierung beschlossene Entlastung der Hebammen in Frage. „Es zeigt sich, dass die vorgesehene Regelung nicht praktikabel ist“, sagte der stellvertretende Unions-Fraktionschef Georg Nüßlein (CSU) dieser Zeitung. Der Regressverzicht gesetzlicher Krankenkassen bei Behandlungsfehlern von Hebammen werde den Anstieg der Haftpflichtprämien anders als erhofft nur geringfügig dämpfen, sagte der Gesundheitspolitiker. Außerdem sei diese Lösung rechtlich sehr streitanfällig, was zu neuen Kosten führen dürfte. Darüber hinaus werde mit dem Regressverzicht ein Präzedenzfall geschaffen. Auch ärztliche Geburtshelfer oder Kinderärzte könnten eine derartige Entlastung für sich reklamieren.
Die rund 3500 freien Hebammen, die Geburtshilfe anbieten, leiden seit Jahren unter steigenden Prämien für die Berufshaftpflicht. Zahlten Hebammen 2004 noch rund 1300 Euro für die Versicherung, werden es ab Sommer 6300 Euro sein. Der Grund sind nicht steigende Fehlerzahlen, sondern immer teurere Fälle. Das hängt damit zusammen, dass geschädigte Kinder dank des medizinischen Fortschritts länger leben – was die Kosten der Versorgung nach oben treibt.
Abgrenzung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit
Um die Hebammen zu entlasten, will Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) den gesetzlichen Kassen das Recht nehmen, sich im Fall einer leichten Fahrlässigkeit der Hebamme die Kosten von der Berufshaftpflichtversicherung zurück zu holen. Die Kosten werden also auf alle Versicherten umgelegt. Das soll den Prämienanstieg bremsen.
Nüßlein zweifelt das an und verweist auf Angaben der Versicherungswirtschaft. Danach machen Fälle leichter Fahrlässigkeit gerade einmal fünf Prozent der gesamten Schadenssumme aus. Deshalb fordern die Versicherer, das Regressverbot auch auf Fälle grober Fahrlässigkeit auszuweiten, um eine nennenswerte Dämpfung des Prämienanstiegs zu erreichen. Außerdem sollen so Abgrenzungsprobleme zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit verhindert werden. Bisher spielt eine derartige Unterscheidung bei der Berufshaftpflicht keine Rolle.
CSU gegen Ausweitung des Regressverbots
Eine Ausweitung des Regressverbots auf Fälle grober Fahrlässigkeit lehnt Nüßlein aber strikt ab. „Wir können doch einem gesetzlich Krankenversicherten nicht erklären, warum er auch für grobe Fehler einer Hebamme zahlen soll“, argumentierte der Gesundheitspolitiker. Als grobe Fahrlässigkeit gilt zum Beispiel, wenn eine Hebamme trotz eines auffälligen Wehenschreibers (CTG) zu spät einen Arzt hinzuzieht oder die Schwangere bei einer erkennbaren Risikogeburt nicht in eine Klinik verlegt.
Nüßlein fordert daher, die Pläne zu überdenken. „Die Einschränkung der Regressforderungen bringt mehr Problem als sie löst“, sagte er. Er unterstützte damit die Haltung des Bundesrates. Stattdessen schlug der CSU-Politiker vor, den Hebammen über höhere Zuschläge bei der Honorierung der Geburten zu helfen. Dieser bereits geplante „Sicherstellungszuschlag“ muss nach Ansicht Nüßleins so gestaltet werden, dass auch Hebammen mit wenigen Geburten profitieren.
Dazu sollte der Zuschlag kein einheitlicher Betrag sein, sondern degressiv gestaltet werden - zum Beispiel für die ersten zehn Geburten ein höherer Betrag, der dann bei einer wachsenden Geburtenzahl schrittweise sinkt. Außerdem will Nüßlein erreichen, dass der Zuschlag jährlich angepasst wird, um die stetig steigenden Haftpflichtprämien auch wirklich immer abzufedern.