Riemann Interview Quasthoff Nachtgespräch: Katja Riemann kann's ja doch

Berlin - Es geht ja doch. Katja Riemann kann charmant sein, humorvoll, energiegeladen und in Plauderlaune. Aber eben nur, wenn der Gesprächspartner passt. Und Bassbariton Thomas Quasthoff passte am Donnerstagabend im Konzerthaus Berlin. Da erzählte Riemann im „Nachtgespräch“ plötzlich von den Anfängen ihrer Schauspielkunst, als sie sich für unbegabt hielt und dachte, der Schauspielschule müsse ihr Irrtum jeden Moment auffallen. Sie schnackte Norddeutsch, sprach über das Scheitern als junges Mitglied im Theaterensemble der Münchner Kammerspiele und über Rollen, die sie reizen.

All das hatte Moderator Hinnerk Baumgarten vergangene Woche wohl auch versucht, Riemann in der NDR Talksendung „Das“ zu entlocken – war jedoch grandios gescheitert. 35 Minuten lang zog sich das Interview, das keines war. Denn Hinnerk war nicht vorbereitet und Riemann nicht bereit mitzuspielen. Was dabei raus kam haben sich mittlerweile über eine Million User bei Youtube angesehen. Nach einer Kommentarflut sperrte Riemann das Gästebuch auf ihrer Webseite, auch auf Facebook waren keine Nachrichten mehr zugelassen. „Jeder hatte Zeit seine Meinung kundzutun. Irgendwann ist genug“, schrieb sie am Montag.

Genug mit dem Versteckspiel

Und da irgendwann auch genug mit dem Versteckspiel ist, trat Riemann am Donnerstagabend zum ersten Mal wieder öffentlich auf. Die Kusshand in Richtung Moderator Quasthoff zu Beginn verriet die Stoßrichtung - die beiden verstehen sich. Von Künstler zu Künstlerin, von Musiker zu Schauspielerin. Verbindend ist auch Riemanns Programm, das sie zu Beginn vorstellte. In „Winter. Ein Roadmovie“, angelehnt an die Winterreise von Franz Schubert und Heinrich Heine, die auch der Gastgeber vor Jahren interpretiert hatte, musizierte, sang und rezitierte Riemann Gedichte. Anschließend tänzelte sie im grauen Seidenkleid mit Hirsch-Geweih-Print Richtung Sofa und ließ sich fallen – auf die gestreiften Polster und in das Gespräch mit dem Moderator.

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Der war behutsam, bewundernd und überhaupt nicht bereit, das Thema Baumgarten anzusprechen. Mehrmals schuf Riemann selbst die perfekte Überleitung, etwa als sie ihre Heimat ansprach. Den Einspielfilm aus ihrem Heimatort hatte sie im NDR-Talk als „wahnsinnig peinlich“ und einen Eingriff in ihre Intimsphäre bezeichnet. Als sie einen vermeintlich wunden Punkt des Bassbariton traf und scherzhaft kommentierte „das gibt einen bösen Punkt für mich“. Oder als sie sich selbst in einem Nebensatz als einen schwierigen Menschen bezeichnete. Als solcher war sie in den letzten Tagen wieder häufiger dargestellt worden. Doch Quasthoff wollte einfach nicht.

Lobhudeleien für Riemann

Stattdessen erlebte das Publikum ein Gespräch auf Augenhöhe, mit interessierten Fragen und Gegenfragen, in dem die Lobhudeleien fast schon überhandnahmen. Zwar zeigte Riemann ähnliche Gesten wie im NDR - Stirnrunzeln, Arm auf der Sofalehne, Haare zerzausen – hier waren sie jedoch Teil einer angeregten Unterhaltung. Auf die Frage, welche Rollen sie spannend finde, antwortete Riemann: „Das was mich interessiert ist die Herausforderung. Ich will weder mein Publikum, noch mich langweilen.“

Nein, langweilig ist es tatsächlich nicht mit Ihnen, Frau Riemann.