Russisch-georgischen Krieg 2008: Tifilis macht Moskau vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verantwortlich

Straßburg - Tiflis hat Moskau für den russisch-georgischen Krieg im Jahr 2008 mit Hunderten Toten verantwortlich gemacht. „Russland war weit davon entfernt, in dem Konflikt neutral aufzutreten, sondern war vielmehr die treibende Kraft dahinter“, sagte der von Georgien bestellte Anwalt Ben Emmerson am Mittwoch bei einer Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

Neutrale Friedenswächter bombardierten keine Dörfer und ermordeten keine Zivilisten, so wie russische Truppen das getan hätten.

Staatenbeschwerde Georgiens gegen Russland

In dem Verfahren vor dem Straßburger Gericht geht es um eine Staatenbeschwerde Georgiens gegen Russland (Az. 38263/08). Georgien wirft russischen Truppen und von Russland unterstützten Milizen unter anderem vor, im Zuge des kurzen Kriegs im Sommer 2008 georgische Zivilisten attackiert zu haben.

Russland hielt am Mittwoch dagegen, die Aggression sei von Georgien ausgegangen, die russischen Soldaten hätten ihre Landsleute schützen müssen.

Mittwoch wurden Vertreter beider Länder angehört

Die Große Kammer des EGMR in Straßburg hörte am Mittwoch Vertreter beider Länder an. Danach begannen die geheimen Verhandlungen der Richter. Eine Entscheidung darüber, ob Russland diverse Menschenrechte von Georgiern verletzt hat, soll zu einem späteren Zeitpunkt fallen.

In dem Konflikt der beiden Länder geht es um die Gebiete Südossetien und Abchasien. Das an Russland grenzende Südossetien hatte sich 1990 faktisch von Georgien abgespalten. Nach Jahren einer brüchigen Waffenruhe marschierten im August 2008 georgische Truppen ein. Unmittelbar darauf begann eine russische Offensive.

Georgien verlor die Kontrolle über Abchasien

Bei der Auseinandersetzung starben internationalen Beobachtern zufolge auf beiden Seiten insgesamt 850 Menschen.

Im Zuge des nur wenige Tage dauernden Krieges verlor Georgien auch endgültig die Kontrolle über die Schwarzmeer-Region Abchasien, die sich ebenfalls von der Zentralregierung losgesagt hatte.

Die Georgier mussten sich zurückziehen. Die weitgehend von Russland abhängigen Gebiete erklärten ihre Souveränität. Moskau erkennt Südossetien und Abchasien als Staaten an, EU und USA betrachten sie als Teile Georgiens. (dpa)