Seilbahnunglück: Der kleine Eitan und sein zertrümmertes Leben
Nicht genug, dass der einzige Überlebende des Seilbahnunglücks vom Lago Maggiore zum Vollwaisen wurde. Jetzt tobt auch noch ein unwürdiger Rechtsstreit.

Sechs Jahre ist Eitan alt. Mit sechs, da sollten Jungen wie er auf die Einschulung hinfiebern, mit Freunden spielen, abends erschöpft ihren Eltern in die Arme fallen. Eitan ist solch ein Leben verwehrt. Seine Kindheit wurde am Pfingstsonntag dieses Jahres abrupt beendet, als beim Seilbahnunfall am Lago Maggiore ein Zugseil riss, die Zwangsbremsung versagte und die Gondel in die Tiefe stürzte. 14 Menschen starben, darunter Eitans Eltern, seine Urgroßeltern und sein kleiner Bruder.
Wer dachte, schlimmer könnte es nun nicht mehr werden, der wurde eines Besseren belehrt. Um Eitan tobt seit Monaten ein Rechtsstreit, geführt mit allen Mitteln, mit kriminellen Methoden, angewendet von der eigenen Familie. Ein Kapitel im juristischen Gezerre um den Verbleib des Jungen immerhin wurde nun höchstgerichtlich abgeschlossen. Israels Oberster Gerichtshof bestätigte jetzt, dass der Sechsjährige zu seiner in Italien lebenden Tante väterlicherseits zurückkehren soll.

Diese war zuvor bereits von einem Gericht zum Vormund bestimmt worden. Sie wohnt in Pavia in der Lombardei, wo der in Israel geborene Eitan aufwuchs, sie hat Kinder im gleichen Alter. Auch der in Israel lebende Großvater mütterlicherseits hatte laut Gerichtsdokumenten kurz nach dem Unglück der Vormundschaft so zugestimmt.
Seine Meinung scheint er dann aber geändert zu haben: Im September, kurz bevor Eitan eingeschult werden sollte, brachte er den Jungen ohne Zustimmung der Tante außer Landes. Man kann hier gut und gern von einer Entführung sprechen, die generalstabsmäßig organisiert war. Zunächst fuhr der 63-Jährige mit seinem Enkel von Pavia in die Schweiz, von dort ging es per Privatjet weiter nach Tel Aviv.

Ein israelisches Gericht ordnete Ende Oktober Eitans Rückkehr nach Italien an, dagegen ging der Großvater in Berufung. Diese wurde nun abgelehnt. Ein Anwalt der Tante sprach nach dem Urteil aus, was wohl viele Prozessbegleiter dachten: „Es ist das Ende eines bedauerlichen Kapitels, das vor allem für den kleinen Eitan schädlich und überflüssig war.“ Die Seite des Großvaters teilte dagegen mit, der Staat Israel habe mit dem Urteil „ein jüdisches Kind und einen hilflosen israelischen Staatsbürger aufgegeben“.
Die Staatsanwaltschaft in Pavia hat inzwischen internationale Haftbefehle gegen den Großvater und einen mutmaßlichen Komplizen erlassen. Für Eitan ist die Sache noch immer nicht ausgestanden: Am Mittwoch steht in Mailand ein Termin vor dem Jugendgericht an. Dort wollen der Großvater und der in Israel lebende Teil der Familie erreichen, dass der Tante die Vormundschaft entzogen wird.