Sinnlose Corona-Politik: Reiseverbote bringen überhaupt nichts

Die Politiker überbieten sich damit, Beherbergungsverbote und andere Maßnahmen zu erlassen. Dabei überhören sie wichtige Hinweise aus der Forschung.

Corona-Maßnahmen: Viel Abstand ist auf jeden Fall hilfreich.
Corona-Maßnahmen: Viel Abstand ist auf jeden Fall hilfreich.dpa/Christoph Soeder

Berlin-Es ist kaum auszuhalten, wie sich die Politiker derzeit beharken. Einer wirft dem anderen vor, falsches Krisenmanagement zu betreiben. Einzelne Länder beschließen Beherbergungsverbote für Reisende aus sogenannten Risikogebieten, wo die Zahlen der positiv Getesteten höher steigen als anderswo. Dass dies in einer Großstadt schneller passiert als auf dem flachen Land, liegt auf der Hand. Aber wie die Politik auf diese Entwicklung reagiert, ist aktionistisch und hektisch.

Dass die Herbst- und Winterphase der Covid-19-Pandemie kommt, haben Forscher und Experten seit langem vorhergesagt. Zu ihnen zählen nicht nur Virologen und Epidemiologen, sondern auch Psychologen, Soziologen, Geografen und klinische Infektiologen, um nur einige zu nennen. Sie alle haben sich auf verschiedenen Kanälen zu Wort gemeldet. Aber offenbar finden sie bei der Politik kein Gehör.

Das Virus ist inzwischen überall

Wie kann es sonst sein, dass bundesweit eine kleinstaaterische Abschottungspolitik verfolgt wird, obwohl Forscher sagen, dass dies gar nichts bringt. Zu ihnen gehört der Berliner Physiker Dirk Brockmann, der mit anspruchsvollen mathematischen Methoden modelliert, wie sich Infektionen ausbreiten. „Mobilitätseinschränkungen sind nach der Aussage aller Modelle ineffizient“, sagte er in einer Fernsehsendung. Sie hätten nur Sinn, wenn das Virus an einem Ort sei, an einem anderen aber nicht. Also in der Frühzeit einer Pandemie. Aber inzwischen sei das Virus überall, wenn auch mit Schwankungen und regionalen Unterschieden. „Das Einzige, was funktioniert, ist, dem Virus das Futter zu nehmen“, sagte Brockmann.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen
Grafik: BLZ/Galanty; Quelle: RKI, Landesministerien, afp

Wie das geschehen kann – dazu hat die Forschung in den vergangenen Monaten viele Erkenntnisse zusammengetragen. Man weiß, dass man möglichst Abstand von Mensch zu Mensch halten sollte – also große Ansammlungen in geschlossenen Räumen und engen Umgebungen meiden. Wir wissen heute wesentlich mehr als im Frühjahr: über den Nutzen von Masken, abhängig von der jeweiligen Risiko-Lage, über Aerosole und sogenannte Superspreader. Das heißt: Einzelne Infizierte sind sehr ansteckend, viele dagegen nur wenig oder gar nicht.

Reisen an andere Orte sollten weiter möglich sein

Warum hat man nicht längst weitreichende Schlüsse daraus gezogen? Natürlich sollte es möglich sein, in ein Hotel in einem anderen Bundesland zu reisen. Dort hat man sich dann genauso zu verhalten wie zu Hause: Abstandhalten, Maske tragen, Massenansammlungen meiden. Auch die gesamte Teststrategie hätte schon längst auf die Empfehlungen umgestellt werden sollen, die Wissenschaftler seit Wochen geben. Statt die Labore zu überlasten und die Gesundheitsämter in den Nervenzusammenbruch zu treiben, sollte man endlich überall Schnelltests installieren – nicht nur in Krankenhäusern und Pflegeheimen, sondern in allen Institutionen, in denen ein höheres Risiko für die Ausbreitung des Virus besteht, etwa an Schulen und in bestimmten Betrieben. Und vielleicht sogar im Zusammenhang mit Veranstaltungen.

Sogenannte Antigentests gibt es zum Teil schon als einfache Gurgel- und Mundspülung, wie sie etwa in Mannheim entwickelt wurde. Mit solchen Tests lassen sich recht zuverlässig genau jene Infizierten erkennen, die im Moment besonders ansteckend sind. Und genau darum geht es doch, wenn man die Ausbreitung eines Virus kontrollieren will – natürlich immer im Verbund mit anderen Maßnahmen wie etwa der Quarantäne.  Alarmistische Meldungen, Abschottungen und Beherbergungsverbote helfen jedoch niemandem.