Norditalien: So erlebt ein Betroffener den Corona-Notstand

Schulen, Kindergärten, Universitäten, aber auch Kinos, Theater und Turnhallen bleiben bis Sonntag erst einmal geschlossen. Die Region Venedig hat den Kampf gegen die Ausbreitung verschärft. 

Vendedig/Mestre-In Italien verbreitet sich das Coronavirus rasch. Der Karneval in Venedig wurde vorzeitig abgebrochen. Einzelne Dörfer in der Region um Padua wurden zu Sperrzonen erklärt. Wir lebt es sich in Norditalien?  Ivan Dal Bello lebt in Mestre nahe Venedig, wo wegen des Coronavirus gerade der Karneval abgesagt wurde. Er ist Erzieher von Beruf, verheiratet und hat zwei Kinder im schulpflichtigen Alter. Seit Sonntag gilt für die ganze Region Venetien eine Verordnung, die unter anderem den Schulbesuch untersagt.

Mestre.
Mestre.Didier Descouens / CC BY (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0)
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Herr Dal Bello, wie macht sich der Ausbruch des Coronavirus in ihrem  Alltag bemerkbar?

In Venedig wurde der Karneval frühzeitig beendet. Eigentlich geht er bis heute, bis Dienstag. Aber am Sonntag war Schluss. Außerdem haben alle Museen, Kinos und Theater in der ganzen Region Veneto geschlossen. Es gibt keine Feste oder andere Ereignisse auf den Straßen oder auf öffentlichen Plätzen. Auch Sportveranstaltungen für Kinder wurden gestrichen. Kein Training, keine Turniere. Die Kinder sind den ganzen Tag zuhause. Die Schule und auch Kindergärten bleiben die ganze Woche geschlossen. Eigentlich haben wir nur bis inklusive Mittwoch Ferien. Am Donnerstag hätten die Kinder wieder in ihre Einrichtungen gehen sollen. Auch die Universitäten bleiben geschlossen.

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Ivan Dal Bello
Wie lebt es sich in Norditalien?
Ivan Dal Bello, 47 Jahre, lebt in Mestre. Momentan kann er nicht zur Arbeit gehen. Auch die Schulen seiner Töchter sind geschlossen. 

Wie lange gilt das?

Das Gesundheitsministerium der Region Veneto hat eine Verordnung (Ordinanza contingibile e urgente) erlassen, die erst einmal bis Sonntag, den 1. März gilt. Dann wird neu entschieden.

Gibt es sonst noch Einschränkungen durch die Vorsichtsmaßnahmen?

Die Versorgung mit Lebensmittel in Mestre ist kein Problem. Vielleicht liegt etwas weniger in den Regalen. Aber man bekommt alles. Ich habe aber Freunde, die Fotos aus Supermärkten in Dolo und Mira geschickt haben. Da gibt es fast nichts mehr. Dort gab es Fälle von Corona. Außerdem wurden einige Dörfer in der Region komplett gesperrt. Niemand darf rein. Niemand kommt raus. Richtige Sperrzonen.

Leere Regale in einem Supermarkt in Dolo.
Leere Regale in einem Supermarkt in Dolo.Foto: Claudia Carnio

Können Sie zur Arbeit gehen?

Ich arbeite in einem Zentrum, in dem Senioren zwischen 9 Uhr und 15 Uhr betreut werden. Ein Tagespflegezentrum. Das liegt in Mira. Dort gab es einen Fall von Corona, ein alter Mensch hat das Virus. Ich glaube, das war der zweite Fall in Italien. Jedenfalls haben sie entschieden, die Tagespflege auch erst einmal bis Sonntag zu schließen. Ich kann also nicht zur Arbeit gehen.

Wer kümmert sich um die alten Menschen?

Ihre Familien. Die machen dann die Einkäufe und bringen das Essen nach Hause. Wer keine Kinder hat, kann auch die Altenpflege anrufen. Die bringen dann Essen nach Hause.

Bekommen Sie Gehalt?

Ja, ich habe gerade gehört, dass wenn es eine offizielle Verordnung gibt, so wie auch bei Hochwasser zum Beispiel, dann bekommen wir das Gehalt trotzdem.

Und in Mestre?

Da läuft eigentlich alles weiter. Nur eben nicht in Schulen, Kindergärten und Universitäten. Aber meine Freunde, die zum Beispiel in Ingenieurbüros arbeiten, die gehen arbeiten. Also die Dörfer in der Nähe von Padua sind viel stärker betroffen. Vo Euganeo ist komplett gesperrt. Nachmittags arbeite ich in einer privaten Logopädie-Praxis in Mestre. Da haben wir entschieden, dass wir weiter öffnen. Es kommen allerdings weniger Kinder.

Supermarkt in Mira. 
Supermarkt in Mira. Foto: Claudia Carnio

Wie sind die Vorsichtsmaßnahmen in der Praxis?

Wer krank wird, soll zuhause bleiben. Und dann erst einmal abwarten, ob die Erkältung schlimmer wird und  hohes Fieber kommt. Dann soll man einen Arzt anrufen und der entscheidet, ob man in eine Klinik kommt. Nur schwere Fälle sollen in die Klinik. Man will vermeiden, dass zu viele Kranke dort sind.  Man soll also nicht selber ins Krankenhaus gehen.

Haben Sie Angst, sich anzustecken?

Nein, ich finde die Vorsichtsmaßnahmen übertrieben. Aber gut, ich habe eine Woche Urlaub. Bisher sind keine Kinder betroffen. Aber man weiß nicht, woher das Virus kommt.