Soli bleibt: Kanzlerin Merkel schließt Steuersenkung dauerhaft aus

Berlin - Die Steuerzahler in Deutschland müssen auf Entlastungen bis weit ins nächste Jahrzehnt verzichten. Die stellte Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel  am Wochenende klar. Bevor sie am Donnerstag mit den Ministerpräsidenten der Länder über den Finanzausgleich verhandelt, betonte sie in ihrer wöchentlichen Videobotschaft: „Wir werden auf jeden Fall auch nach dem Auslaufen des Solidarpaktes auf die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag angewiesen sein.“

Der Solidarpakt läuft 2019 aus und sichert den Ostländern bis dahin Milliardenhilfen durch den Bund. Die Ausgaben für die Einheit endeten damit aber nicht, betonte Merkel. Zudem seien Aufgaben auch in strukturschwachen Regionen der alten Länder zu erfüllen. Damit ist klar: Auch nach 2020 kann der Staat nicht auf die Zahlungen der Bürger und Firmen verzichten.

Allerdings legte sich Merkel nicht darauf fest, dass zwangsläufig der Soli bleibt. Sie betonte lediglich, dass die Einnahmen für den Staat unverzichtbar zu sein. Um diese zu sichern, sind mindestens zwei Modelle denkbar und im Gespräch. Jedes hat eigene Tücken. Variante eins ist, den Soli einfach fortzuführen. Den zahlen Bürger und Unternehmen als Aufschlag von 5,5 Prozent auf ihre Einkommen-, Kapitalertrag-und Körperschaftsteuer.

Das Problem: Die Abgabe  bedarf laut Grundgesetz einer besonderen Begründung. Sie geht allein an den Bund, anders als etwa die Einkommensteuer, die er sich mit den Ländern und Kommunen teilt. Daher verlangt die Verfassung eine spezielle Rechtfertigung. Die lautete bisher, dass der Bund hohe Ausgaben für den Aufbau Ost übernehmen muss, etwa für den Solidarpakt I und II mit den neuen Ländern. Doch 2020 wird die Wiedervereinigung drei Jahrzehnte zurück liegen. Daher drohen Klagen vorm Bundesverfassungsgericht gegen ein einfaches Weiter so. 

Soll der Soli dauerhaft existieren, müsste sich die Politik eine neue Begründung einfallen lassen. Sie könnte im nächsten Jahrzehnt den Solidaritätszuschlag mit dem Aufbau Ost und West erklären, also dem hohen Finanzbedarf für die Infrastrukturinvestitionen in ganz Deutschland. Nur das zweite Modell sieht vor, den Soli tatsächlich abzuschaffen. Dafür würde die Politik aber entsprechend die Tarife der Einkommensteuer  erhöhen. Dagegen sprach sich Unionsfraktionschef Volker Kauder aus. „Der Vorschlag, de Solidaritätszuschlag in den normalen Steuertarif einzugliedern, würde dazu führen, dass die ungleichen Verhältnisse zwischen den alten und neuen Bundesländern dauerhaft festgeschrieben würden“, sagte er. „Denn die neuen Ländern würden wesentlich weniger Einnahmen haben, weil sie eine geringere Steuerkraft haben.“

DGB unterstützt Kauder

Gewiss ist also nur, dass sich der Staat die Milliarden sichern wird. Noch nicht entschieden ist, wie er das erreicht. Bei dieser Debatte tun sich überraschende Bündnisse auf. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) unterstützt CDU-Politiker Kauders Einsatz  für den Soli und gegen die Integration in die Einkommensteuer aus. „Wir wollen den Solidaritätszuschlag auch über 2019 hinaus erhalten, damit der Bund strukturschwachen Regionen in ganz Deutschland unabhängig von der Himmelsrichtung helfen kann“, sagte Körzell dieser Zeitung.

Dabei geht es erst einmal  darum, die 18 Milliarden, die der Soli Ende des Jahrzehntes einbringen soll, zu bewahren und keine neuen Löcher in die Haushalte zu reißen. „Wir haben in Deutschland einen enormen Investitionsstau“, begründet Körzell das Engagement für den Soli, der ja auch Arbeitnehmer belastet.  Auf lange Sicht müssten sogar 300 Milliarden Euro locker gemacht werden, um den gesamten Investitionsbedarf zu decken. Der DGB plädiert folglich für Steuererhöhungen. „Ohne zusätzliche einnahmen wird es nicht gehen.“ Körzell sprach sich für eine Vermögensteuer und eine Erbschaftsteuer, die diesen Namen auch verdiene, aus.

Eigentlich wollen und müssen sich Bund und Länder vor der nächsten Bundestagswahl  2017 über die Finanzverfassung der Zukunft einigen. Doch die Länder sind so uneins, dass niemand mehr mit raschen Ergebnissen rechnet. In der Koalition wird sogar nicht mehr ausgeschlossen, dass eine Einigung in dieser Legislaturperiode nicht mehr gelingen könnte.