Nach der Berlin-Wahl: Kommt jetzt die schwarz-grüne Koalition?
Am Mittwoch haben CDU und Grüne erneut sondiert. Das Ergebnis bleibt offen. Und vielleicht sind ab nächster Woche schon wieder alle Absprachen hinfällig.

So hoch und zugleich niedrig hing die Latte vor Sondierungsgesprächen wohl selten. „Wir müssen sehen, ob wir Schnittmengen finden“, sagte Wahlsieger und Gastgeber Kai Wegner am Mittwoch zum Beginn der zweiten Sondierungsrunde mit den Grünen auf dem Euref-Campus in Schöneberg. Und auch deren Spitzenkandidatin Bettina Jarasch klang nicht uneingeschränkt euphorisch, als sie sagte: „Wir haben uns jedenfalls viel Zeit genommen.“ Schwarz-grüner Honeymoon geht anders.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich beide Seiten erstmals an die großen Brocken heranwagten: Verkehrspolitik, Wohnungspolitik, Stadt der Vielfalt, klimaneutrale Stadt. Noch einmal Bettina Jarasch: „Diese Themen brauchen auch Zeit, da muss man wirklich gründlich ausloten, ob und wie was gehen könnte.“
Ob und wie mit der CDU? Das bewegt die Berliner Grünen schon seit Monaten, allen Lippenbekenntnissen zur Fortsetzung des alten Bündnisses zum Trotz. Doch selbst jetzt, da Schwarz-Grün greifbar, eine Koalition jenseits der SPD möglich wird, ist die Partei uneins. Niemand bei den Grünen will sich öffentlich festlegen, niemand seinen Namen in diesem Zusammenhang lesen.
Die CDU müsste erklären, wie sie es machen wolle, und dann könne man ja mal gucken, heißt es aus dem starken linken Flügel der Grünen. Einer aus dem anderen Lager schätzt, dass etwa ein Drittel der Abgeordneten im Berliner Parlament einen Wechsel zu den Schwarzen immerhin ausprobieren würden.
In Berlin gehen nach der Wahl die Gespräche weiter
Der Weg zu Schwarz-Grün bleibt also weit. Sicher ist dagegen, wie es in den nächsten Tagen weitergeht: Am Donnerstag lädt die SPD als nach aktueller Zählung Führende innerhalb der rot-grün-roten Koalition Grüne und Linke zum zweiten Gespräch über ein Weiter-so ein. Am Freitagvormittag hat die CDU zum dritten Mal die SPD zu Gast, am Nachmittag kommen erneut die Grünen auf den Euref-Campus.
Als wären die Berliner Verhältnisse nicht schon kompliziert genug, stehen alle Gespräche, alle Varianten, alle Farbenspiele unter einem Vorbehalt. Am Montag kommender Woche – 15 Tage nach der Wahl – muss Landeswahlleiter Stephan Bröchler das amtliche Endergebnis veröffentlichen.
Normalerweise wäre dies ein Protokolltermin, weil sich das Ergebnis ohnehin nicht groß von dem in der Wahlnacht errechneten vorläufigen Endergebnis unterschieden hätte. Dieses Mal jedoch geriet der Vorsprung der SPD vor den Grünen so winzig wie noch nie. Beide holten 18,4 Prozent, erst gegen Mitternacht schob sich die SPD mit 105 Stimmen Vorsprung hauchdünn vor die Grünen. Seitdem wurden überall die Stimmzettel geprüft, inzwischen soll die SPD nur noch mit 92 Stimmen vorn liegen. Es sollte also niemanden überraschen, wenn Landeswahlleiter Bröchler am Ende die Grünen vor der SPD sähe – mit nicht absehbaren Konsequenzen.