Streit nach Hetzrede bei „Günther Jauch“: AfD-steckt in einem Richtungsstreit - schon wieder

Berlin - Die „Alternative für Deutschland“ steckt in ihrem nächsten Richtungsstreit. Nur drei Monate, nachdem sich wegen ihres Rechtsrucks der gemäßigte Parteiflügel um Aushängeschild Bernd Lucke als Neugründung ALFA abgespalten hat, stellt sich die neue Vorsitzende Frauke Petry gegen eine weitere Radikalisierung der Partei.

Erneut dreht sich der Streit um das Verhältnis der AfD zur Pegida-Bewegung und die Abgrenzung vom rechten Rand, besonders durch den Thüringer Landesverband. Dessen Vorsitzender Björn Höcke, der auch Fraktionschef im Landtag ist, fungiert seit einigen Wochen als Hauptredner einer wöchentlichen Anti-Asyl-Demonstration der AfD in Erfurt und schlägt dabei offen rechtspopulistische Töne an.

An diesem Mittwochabend nahmen rund 4000 Menschen daran teil. Höcke hatte AfD-Bundeschefin Petry für Anfang November als Rednerin eingeladen – diese nahm ihre Zusage aber nach der Debatte um die Entgleisungen bei den Pegida-Demonstration und nach Höckes umstrittenem Auftritt in der ARD-Talkshow „Günther Jauch“ nun jedoch öffentlich zurück.

Zudem versendeten Petry und ihr scheidender Co-Vorsitzender Jörg Meuthen am Mittwoch eine E-Mail an die Parteimitglieder, in der sie von Höcke abrückt. „Er ist nicht legitimiert, für die Bundespartei zu sprechen“, schreibt sie in Bezug auf seinen Jauch-Auftritt. Die „große Mehrheit der AfD-Mitglieder“ fühle sich „derzeitigen Stil des Auftretens des thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke nicht vertreten“.

Der Gescholtene übte am Donnerstag Kritik an der Rüge: „Ich habe mit Frauke Petry telefoniert und ihr eine Mail geschrieben“, erklärte Höcke in einer Pressemitteilung. Er sei sich mit Petry einig in der Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik; der Bundesvorstand leiste gute Arbeit und könne „ein großes Meinungsspektrum innerhalb der AfD erhalten“. Interne Angelegenheiten regele man aber intern.

Entgleisungen bei Pegida-Kundgebungen

Hintergrund des Streits ist, dass es bei der Demonstration der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) in Dresden zuletzt gehäuft zu Entgleisungen kam. So führte ein Teilnehmer eine Galgenattrappe mit Politikernamen mit; der Autor Akif Pirincci bedauerte in einer Rede, dass „die Konzentrationslager leider nicht mehr in Betrieb sind“. Inzwischen entschuldigte sich Pegida-Chef Lutz Bachmann dafür.

Die Dresdner Staatsanwaltschaft ermittelt seit Donnerstag wegen Volksverhetzung. Pirincci selbst verteidigte seine Rede. Die „Kampagne“ gegen ihn sei „wie eine Bücherverbrennung, nur ohne Flammen“. Zuvor hatte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) die Köpfe der Bewegung „harte Rechtsextremisten“ genannt.

Petry sorgt sich um Image

Weil Teile der AfD dennoch mit Pegida sympathisieren und selbst rechtspopulistische Töne anschlagen, sorgt sich Petry – ab Dezember alleinige AfD-Chefin – nun ums Image. In ihrer Mail schreibt sie, für eine Etablierung der AfD, die in Umfragen derzeit bei rund 7 Prozent liegt, seien „verständliche politische Botschaften in einer klaren Sprache wichtig, aber mindestens ebenso Augenmaß“ und „der persönliche Respekt gegenüber dem politischen Gegner, selbst wenn selbiger uns zuweilen noch nicht gewährt wird.“

Man kann das auch verstehen als Reaktion auf Forderungen von Politikern und Polizeigewerkschaften, dass der Verfassungsschutz die AfD genauer im Auge behalten solle. Thüringens AfD hatte das empört als Diffamierung kritisiert: Im Gegensatz zum ausgrenzenden Nationalismus der NPD und anderer rechtsextremer Gruppierungen verfolge die AfD das Konzept eines „modernen integrierenden Nationalstaats“.

Landeschef Höcke selbst hatte allerdings vor kurzem noch erklärt, nicht jedes NPD-Mitglied sei extremistisch.